Beim Bierkauf an der Kasse

Kürzlich ist es mir wieder passiert. Ich mache nach dem Einkauf in der Migros eine Schlaufe Richtung Coop, um etwas Biernachschub zu besorgen. Praktischerweise ist Ittinger Klosterbräu Aktion, super. Noch zwei, drei Artikel ins Körbchen, die es in der Migros nicht gibt und dann zur Kasse. Alles aufs Förderband, die Kassierin schleift es über den Scanner – und hält mit ihren Augen auf mich gerichtet und der Rechten auf dem Sixpack inne. «Dürfte ich noch einen Ausweis sehen?», sagt sie pflichtbewusst angesichts der geltenden Alterskontrolle zur Vermeidung von Alkoholverkäufen an Halbwüchsige (zur Erinnerung: Bier, Wein und vergorener Most ab 16 Jahren, alles andere ab 18).
Mit einer Mischung aus Verdatterung und Verärgerung zücke ich meine ID. In dieser Situation steckte ich beileibe nicht zu ersten Mal. Aber sehe ich mit meinen 29 Jahren wirklich so jung aus, dass ich als Teenager durchgehe?
Es folgt das immer gleiche Spiel: Kassierin mustert meinen Ausweis, dann mich, dann nochmals den Ausweis und reicht ihn mir in der Folge mit einem verlegenen «Ups...» zurück. Ich habe es inzwischen aufgegeben, mit einem leicht gereizten Kommentar zum Ausdruck zu bringen, dass ich etwas betüpft bin. Schliesslich erfüllt das Personal nur seine gesetzliche Pflicht.
Denn diese Kontrolle ist an sich begrüssenswert. Obschon Alkohol ein nicht wegzudenkender Teil unserer Gesellschaft ist, soll er nicht bedenkenlos für Minderjährige (und jüngere) verfügbar sein. Auch über den Preis liesse sich diskutieren oder gar eine zeitliche Einschränkung der Verfügbarkeit (Stichwort Verkaufsverbot an Abenden und in der Nacht). Dennoch ärgert es mich unmittelbar meist, dass ich als Erwachsener nach wie vor für (zu) jung gehalten werde und mich deshalb mittels ID für meinen Alkoholerwerb rechtfertigen muss. Ich habe aber inzwischen einen geeigneten Spruch für mich selber auf Lager, der mir bei der Verdauung des geschilderten Erlebnisses hilft: «Wenn dich die Leute mit 29 für unter 16 Jahre halten, dann werden sie dich hoffentlich mit 70 für unter 60 halten – und wer sagt in diesem Alter dazu schon nein?»

Mario Stübi (29) hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert und leitete bis 2012 die Regionalstelle Zentralschweiz der Kinder- und Jugendförderung Infoklick.ch. Er schreibt für verschiedene Online-Publikationen und ist als DJ tätig. Er engagiert sich politisch in der SP und kulturell in diversen Vereinen und Gremien, aktuell für die Zwischennutzung Neubad im ehemaligen Hallenbad Biregg.