BildGeschichte 03/2016

Ökoprotest am Kreuzstutz

Von Yvonne Volken (Text und Foto)

Vom Wegkreuz am Kreisel Kreuzstutz steht nichts in den Angaben zu August Bläsi, dem Stanser Bildhauer, der in Luzern u.a. die Reliefs an der Zentralbibliothek und an der Treppe des Museggschulhauses gestaltet hat. Und August Bläsi hat mit dieser kleinen Geschichte wenig zu tun, vielmehr geht es um das wuchtige Kreuz, das von ihm stammt und das seit 1954 den Kreisel am Kreuzstutz überragt.
1971. Der Club of Rome hatte seinen Bericht über die Grenzen des Wachstums noch nicht publiziert. L. und ich aber wussten bereits, dass es so nicht weitergehen konnte. Darum waren wir unterwegs an jenem Abend vor 45 Jahren, von Littau, wo wir in einer Neubausiedlung wohnten, die Sagenmattstrasse hinunter, zum Kreuzstutz. Es war der Dienstag in der Karwoche. Es war kalt und es regnete. Wir waren besorgt. War die Schriftfarbe wirklich wasserfest? „Vater, hier stinkt’s!“ hatten wir auf ein weisses Leintuch gepinselt. Es sollte ein Protest gegen immer mehr Autos und Asphalt, gegen die Umweltzerstörung ganz allgemein sein.
Es war recht einfach, die grasige Böschung hochzuklettern, aber wir hatten nicht mit den Polizeifahrzeugen gerechnet, die unten an der Kreuzung ihre Runden drehten, nicht gewusst, dass es am Kreuzstutz eine Strassenprostitution gab. Wir warteten unendlich lange, bis sich die Polizei nicht mehr zeigte und erst dann trauten wir uns, das Pamphlet aufzuhängen.
Wie das so ist mit diesen heroischen Geschichten, die sich im Vor-Handy-Zeitalter abgespielt haben: Es gibt keine Bilder von unserer Aktion. Noch schlimmer, am nächsten Morgen, als ich mit dem Bus zur Schule fuhr – via Kreuzstutz in die Altstadt – war unser Protest-Aushang schon wieder abmontiert.
2016: Der Verkehr am Kreuzstutz rollt immer noch, what else, überragt vom wuchtigen Kreuz, das 1954 errichtet wurde. Es soll, so steht es auf der Hinweistafel an der Stützmauer, an das „Eländ Chrüz“ erinnern, das hier im Mittelalter den Stadtbann begrenzte und diesem Ort den Namen „Kreuzstutz“ gab.

Yvonne Volken (1956) arbeitet als Bibliotheksmitarbeiterin in der Stadtbibliothek Luzern und ist dort vorab für den Bereich Veranstaltungen zuständig.