„Alterspolitik ist ein Querschnittthema“

Bettina Hübscher, die Leiterin der Fachstelle für Altersfragen, will das Netzwerk, das über das Projekt Altern in Luzern entstanden ist, weiter in Gang halten.

Vor knapp einem Jahr haben Sie die Aufgabe als Leiterin der Fachstelle für Altersfragen übernommen. Sind Sie angekommen im Stadthaus und in der Stadt?
Bettina Hübscher: Ich denke schon. Die ersten zehn Monate der Zusammenarbeit mit dem Projektleiter von „Altern in Luzern“ waren eine sehr wertvolle und intensive Zeit. Ich konnte von Anfang an mein gerontologisches Knowhow einbringen und ein Netzwerk aufbauen. In der Stadtverwaltung fühlte ich mich gut aufgenommen. Die Stadt Luzern bin ich immer noch etwas am Entdecken.

Und der Menschentyp? Gibt es Unterschiede zu Bern?
Die Luzerner seien etwas offener, sagte  mir eine Luzernerin, die schon länger in Bern lebt. Und das stimmt so. In Bern ist es schwieriger, Kontakt zu knüpfen.

Das Thema Alter beherrscht ihre Arbeit hier. Können Sie ihre Vorstellungen dazu einbringen? Sind Sie angekommen damit?
Ich habe 2014/15 eine Weiterbildung in Gerontologie gemacht. Vieles davon konnte ich hier in Luzern umsetzen und unter die Leute bringen. In den vergangenen Monaten lag das Schwergewicht beim Abschluss des Projekts „Altern in Luzern“, dem Vernetzen und der Erarbeitung der beiden Berichte und Anträge zum selbstbestimmten Wohnen und zur Evaluation von „Altern in Luzern“. Darin sind mir die Vorstellungen zur Weiterführung einzelner Projekte sehr wichtig, ebenso die zentralen Aussagen über eine künftige Alterspolitik. Da konnte ich mich gut einbringen.

Ihre Pläne für die Zukunft? Was steht in den nächsten Monaten im Vordergrund?
Vorerst geht es darum, den Boden zu bereiten für die Umsetzung der beiden Berichte und Anträge und von Projekten und Aktivitäten aus „Altern in Luzern“. Ich werde versuchen, das Netzwerk in Gang zu halten, das Beat Bühlmann als Projektleiter von „Altern in Luzern“ aufgebaut hat. Die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit dem Forum Luzern60plus und die Entwicklung von altersgerechten Quartieren stehen da im Vordergrund. Im Wesemlin und in Tribschen-Langensand besteht ein guter Boden dafür, weil dort einige tolle Projekte wie das Erzählcafé, der Generationenpark, der Bücherschrank, Querbeet, das Spielplatzcafé laufen. Ich möchte die Begleitgruppen nicht aus dem Auge verlieren und dafür sorgen, dass bestimmte Anliegen der älteren Bevölkerung auch verwaltungsintern weiter verfolgt werden. Ich denke an die Quartierarbeit, die Stadtteilentwicklung, auch für die ältere Bevölkerung, auch an die Integration. Die Altersthematik betrifft als Querschnittthema eigentlich alle Direktionen. Das soll nicht nur Sache der Sozialdirektion sein.

Verlangt Alterspolitik in diesem Sinne einen breiteren Ansatz?
Die Ausrichtung unserer Aktivitäten auf  Themen der vierten Lebensphase wird immer wichtiger, also auf die Bedürfnisse der Menschen über 80. Diese Altersgruppe nimmt zu und sie ist oftmals fragil. Sie braucht eine neue Form von Zuwendung, nicht nur über pflegerische Leistungen und Wohnfragen. Stadt- und Quartierentwicklung bekommen hier eine besondere Bedeutung.

Wo steht das Forum Luzern60plus in IhrerArbeit?
Das Forum ist ein Partner, mit dem die Zusammenarbeit wichtig bleiben soll. Das ist für mich gesetzt. Ich bin zuversichtlich für die Zukunft. Es bestehen Arbeitsgruppen, die sehr gute Arbeit leisten. Zum Beispiel jene, die den Marktplatz und den Zwischenhalt für die AHV-Neurentner und –Neurentnerinnen organisieren. Da sind rundum kompetente Leute am Werk. Ich will auch mithelfen, dass die Webseite Luzern60plus in der heutigen Form weitergeführt werden kann.

Spüren Sie in den andern Direktionen der Stadtverwaltung den Sinn für eine Alterspolitik, die über die Sozialdirektion hinausgeht?
Noch nicht durchwegs. Persönlich fehlen mir noch die Kontakte zur Baudirektion. Aber ich bin zuversichtlich, dass sich dies in den nächsten Monaten noch ergeben wird, nicht zuletzt dank dem Bericht und Antrag zum selbstbestimmten Wohnen im Alter. Solche Prozesse benötigen ihre Zeit. Auch beim Thema Zusammenleben der Generationen und dem Schaffen von Begegnungsmöglichkeiten für ältere Menschen, Kinder und Jugendliche brauchte es seine Zeit, bis es in der Politik richtig Fuss fassen kann. Ich denke, dass uns die Tagung vom 15. März zum „Altern in meiner Stadt“  hier einen Schritt weiterbringen kann.  Die Stadt muss Ressourcen zur Verfügung stellen, damit Projekte weitergeführt und neu entwickelt werden können.

Haben Sie Wünsche an Luzern, ganz generell?
Alterspolitik ist ein Querschnittthema. Ich möchte, dass der intergenerative Ansatz stärker beachtet und gefördert wird. Alt und Jung haben sich einiges zu sagen, mehr denn je. Die Projekte Lesementoren, Querbeet, Generationenpark oder das Spielplatzcafé, auch das neue Projekt „Zäme erläbe“ sind ein Ansatz in dieser Richtung. Ich werde versuchen, hier aktiv zu bleiben.
Text und Bild René Regenass – 15.03.16

Zur Person
Bettina Hübscher (49) ist in Münsingen bei Bern aufgewachsen. Nach den Volksschuljahren folgte eine breite Aus- und Weiterbildung in Richtung Pädagogik, Psychologie, Gerontologie, Berufsberatung und Berufsbildung. Stationen waren das Lehrerinnenseminar in Bern und ein Psychologiestudium an der Universität Fribourg. Dem folgten Tätigkeiten als Berufs- und Laufbahnberaterin, als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin am Hochschulinstitut für Berufsbildung in Zollikofen und einige Jahre als selbständige Bildungsfachfrau und Fachredaktorin.