Mehr fachliche und politische Zusammenarbeit nötig

Kunst- und Kulturpreisträger Otti Gmür: Stichworte zu seinem Denken und Wirken und zur Lebensqualität in dieser Stadt.

 „Ich war in der Stadt und hatte mein Handy eingeschaltet; das ist nicht immer so. Da hat mich Rosie Bitterli, die Kulturchefin der Stadt angerufen und mir die Verleihung des Kunstpreises der Stadt Luzern mitgeteilt.“ So erzählte Otti Gmür am Tag nach der überraschenden und freudigen Nachricht vom Geschehen. Und was er auch noch sagte: „Das freut mich sehr.“

„Gmür setzt sich seit Jahren mit Themen des Städtebaus und der Architektur auseinander. Sein Werk umfasst Planen, Bauen, Schreiben, Lehren und soziales Engagement“, heisst es in der Medienmitteilung der Stadt. – „Luzern60plus“ hat Otti Gmür Fragen gestellt.

Was beschäftigt Sie aktuell als 80jähriger Architekt in dieser Stadt? Wie sehen Sie die bauliche Entwicklung?
Otti Gmür: Zwei Sachen scheinen mir wichtig: eine intensivere und weitsichtigere fachliche und politische Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden. Verdichten darf nicht einseitig als quantitative Frage betrachtet werden, sondern muss immer auch mit qualitativem Verfeinern des Ortes verbunden sein.

Haben Sie einen Wunsch an die Stadtbewohner und Bewohnerinnen?
Sich bewusst zu sein, dass die Lebensqualität unserer Stadt nicht nur vom Wohlergehen des Einzelnen, sondern ebenso vom Wohlergehen der Gemeinschaft der darin wohnenden und tätigen Menschen abhängig ist.

Das Generationenübergreifende präge Ihr Gestalten, heisst es im Medientext zur Kunstpreisverleihung. Können Sie diese Aussage verdeutlichen.
Denken über die Stadt schliesst für mich immer alle Betroffenen mit ein, Junge und Alte, Tätige und Untätige. Die Form der Siedlung in der wir leben ist mitbestimmend für unseren Sinn für das Zusammensein und dessen Praxis.
Welches ist Ihre letzte architektonische Arbeit in der Stadt Luzern?
2001 war ich als Partner im Büro Lauber und Gmür für die Platzgestaltung  St. Leodegar- und Stiftsstrasse (vor der Hofkirchentreppe) verantwortlich.

***

Im Lebenswerk von Otti Gmür nimmt die Publizistik einen grossen und wichtigen Platz ein. Er stellt die Architektur, das Planen und Bauen immer auch in den gesellschaftlichen und politischen Kontext. Diese Verbindung kann er plausibel und nachvollziehbar dem Leser, der Leserin überbringen. Er kann das, was andere vernachlässigen: er schafft den Wissenstransfer so, dass man ihn gerne liest. 1975 hat er in den Luzerner Neusten Nachrichten im Auftrag der Redaktion eine Folge von 20 Beiträgen über Architektur in der Stadt Luzern geschrieben. Das sei ein erster wichtiger Schritt für das publizistische Wirken gewesen, sagt Gmür heute.

Vor vier Jahren war Otti Gmür Mitautor im Buch „Genossenschaftlicher Wohnungsbau in der Stadt Luzern“. Im einleitenden Text zum Abschnitt „Architektur und Raumentwicklung im Wohnen“ beschreibt Otti Gmür eine soziale Komponente des Wohnens: „Eine gute Wohnung erlaubt, individuelle und subjektive Utopien des guten Lebens zu erproben. Wenn sie das kreative Potential der Bewohnerinnen und Bewohner fördert und dafür auch entsprechenden Spielraum anbietet, gelingt es vielleicht, ein Stück davon zu verwirklichen. Darüber hinaus gehört zu einer guten Wohnung ein räumliches Umfeld, das soziale Beziehungen anregt und ohne Zwang ermöglicht.“
René Regenass – 8. Mai 2012

Publizistische Arbeiten von Otti Gmür aus jüngerer Vergangenheit:

2009   Karton Nr. 17, Spezialheft: „Obwalden – Lebensraum im Wandel“ .

2010  „Zuhause In der Sprache“  Einleitung zum Lehrbuch Sprache und Architektur.
2011  „Mit dem Wasser leben. Ein Plädoyer“. Beitrag in: „Am Wasser gebaut. Bäche und Flüsse in Siedlungsräumen“, eine Informationsschrift des Kantons Luzern;
2012  Erwägungen zur Idee, die ZHB abzubrechen; Beitrag in „041 – Kulturmagazin“, Nr. 2 /2012.

(Die Redaktion von Luzern60plus freut sich, den Kunstpreisträger Otti Gmür der Lesergemeinde auch als Kolumnisten präsentieren zu können.)