Porträt Catrin Krüger

Ein Leben wie ein bunter Teppich

„Weiter im Textil“ heisst die Ausstellung, die zurzeit im Museum Bruder Klaus in Sachseln zu sehen ist und in der Catrin Krüger für den historischen Teil verantwortlich ist. Am Anfang ihrer bunten Laufbahn stand die Textilfachklasse an der damaligen Kunstgewerbeschule in Luzern, jetzt,  45 Jahre später, folgt die Rückschau. Dazwischen liegen Jahre, die immer verknüpft und verwoben waren mit der Leidenschaft für das Gestaltete.

„Als ich 18 Jahre alt war, prophezeite mir ein Graphologe, dass ich mein Leben lang jobben werde“, erinnert sich Catrin Krüger. Der Handschriftendeuter sollte irgendwie recht behalten, auch wenn aus dem Jobben rückblickend ein grosses, buntes Gewebe entstanden ist. Als Einzelkind in Deutschland geboren, zog die Familie in die Schweiz, als Catrin vier war. Der Vater war Reitpädagoge und arbeitete u.a. für und mit den Familien Knie in Rapperswil. „Daneben malte er immer und sammelte Kunstbücher – vielleicht geht mein Interesse für Gestaltung auf diese Erlebnisse zurück“, erzählt Catrin Krüger. Gewohnt wurde eine Zeitlang  in einem Haus mit Bauhaus-Möbeln. Später dann, in der Textilfachklasse, die sie ab 1968 besuchte und deren damaliger Leiterin Angelika Caviezel nun die erwähnte Ausstellung gewidmet ist, „war alles Kultur.“  Wobei der Kulturbegriff sich keineswegs nur auf die Kunst beschränkte. Man reiste mit der Schule nach Italien, pflegte die mediterrane Küche, „lebte in einer geschützten Welt“, wie sie rückblickend feststellt.

Glas als roter Faden
Doch mit dem Abschluss als Textilentwerferin musste die heile Welt verlassen werden, es begann das berufliche Nomadenleben, wobei mit Ausnahme von vielen, teils längeren Auslandreisen Luzern der Lebensmittelpunkt blieb. Dichte zwei A4-Seiten umfasst das Curriculum – „ein Schleuderkurs“, bilanziert sie, doch das tönt zu negativ: ein schlingerndes und schillerndes berufliches Leben, das trotzdem rote Fäden aufweist und im Rückblick ein facettenreiches Ganzes ergibt. „Als Textilentwerferin zu überleben, war brotlos“, stellt Catrin Krüger nüchtern fest. Genau das aber bot die Chance, immer wieder Neues anzupacken. Ein roter Faden ist das Thema Glas. „Es begann damit, dass ich in der Zürcher Galerie von Maya Behn Hütedienst leistete.“  Glas als Kunsthandwerk, Glas als Kulturgut, Glas als Gebrauchsgegenstand: da wurde eine neue Liebe geweckt. „Ich bewarb mich um eine Stelle in der Qualitätskontrolle in der Glasi Hergiswil, angestellt wurde ich dann als Stylistin in der Gestaltungsabteilung, verantwortlich unter anderem für das Corporate Design der Firma.“  Später, Anfang der 80er Jahre, leitete sie die zu Roberto Niederers Glasi gehörende Glas-Galerie in Luzern.

Kultur des Erinnerns
Kunstvermittlung – auch das ist ein roter Faden in Catrin Krügers Biografie, bis hin zur jetzigen Ausstellung. „Als Künstlerin fühlte ich mich nur eine kurze Zeit“, blickt sie zurück. In den  90er Jahren erweiterte sie ihr Kunstinteresse um ein weiteres Medium: Sie absolvierte die Video-Fachklasse an der Schule für Gestaltung, wurde anschliessend an Ausstellungen und zu Wettbewerben eingeladen. Immer mehr rückte aber die Vermittlungstätigkeit in den Vordergrund. Zweifellos ein Meilenstein war die Publikation des Buchs „Kultur des Erinnerns“, eine (kunst)historische Aufarbeitung der Grabgestaltung der Luzerner Friedhöfe. Aber auch eine Ausstellung über die Fotografin Lisa Meyerlist und die Kuratorinnentätigkeit bei einer Ausstellung „Plastik in der Innerschweiz“ in der Villa Krämerstein gehören zum „Vermittlungsfaden“.

Geld verdienen zwang sie immer wieder auch zu „normaleren“ Tätigkeiten: als Sekretärin, Reiseleiterin im Süden Italiens oder als Ankleiderin in der Künstlerinnengarderobe des Luzerner Theaters. Mit 57 wagte sie den Sprung in die berufliche Selbständigkeit und übernahm die Kleiderboutique „Pura Luna“ am Hirschengraben, die sie bis zum „Pensionsalter“ führte. Danach ging es weiter im Textil, zurück zu den Anfängen gewissermassen.

Ein gewobenes Netz
„Irgendwie ist alles mit allem verwoben, hat sich das eine aus dem andern ergeben“, bilanziert die 65-Jährige. Begegnungen, Freundschaften, Beziehungen: Sie gehören zum bunten Teppich und viele Menschen haben daran mitgeknüpft und neue Muster hervorgebracht. Doch dafür wesentlich waren auch Catrin Krügers Passion und ihre Hartnäckigkeit. „Die Liebe zur Kunst schliesst das Geerdetsein mit ein“, sagt sie. Das Geerdete und Naturnahe hat sie als Kind und als Jugendliche bei den Pferden gelebt, später auch in einer Tätigkeit in einer Gärtnerei, und noch heute spielt die Liebe zu den Pflanzen und zur Natur eine grosse Rolle. Eine Ausbildung als Pflegehelferin befähigte sie zudem, ihre betagten Eltern zu betreuen.

„Das Netz, an dem Angelika Caviezel wob, trägt heute noch“, steht im Ausstellungsprospekt. Catrin Krüger ist Teil dieses Netzes und sie hat es „jobbend“ für sich und andere wesentlich erweitert. Die Ausstellung in Sachseln zeugt auch davon.
Hans Beat Achermann / Juli 2013