Andreas Kruse, Professor in Heidelberg und Altersforscher.

Was erinnern Menschen mit Demenz?

Von Beat Bühlmann
Im zweiten Teil der städtischen Veranstaltungsreihe Lebensreise kommen der deutsche Altersforscher Andreas Kruse und der Schweizer Schriftsteller Alain Claude Sulzer auf das Thema „Erinnern und Vergessen" zu sprechen.

Wer an Demenz erkrankt, verliert einen Teil seines Gedächtnisses. Davor fürchten wir uns. Doch was bedeutet eigentlich Vergessen für Menschen mit Demenz? Und was können sie erinnern? Denn nicht alles geht verloren. Was bedeuten ihnen früher vertraute Orte, Lieder, Musik oder alte Bräuche? Und was macht für Demenzkranke Heimat aus? Andreas Kruse, einer der renommiertesten Altersforscher in Deutschland, geht in seinem Vortrag am Mittwoch, 18. September (18.30 Uhr im MaiHof), das Thema mit einem etwas anderen Blickwinkel an. Kruse (64) ist Direktior des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg. Der Psychologe und Gerontologe ist Vorsitzender der Expertenkommission, die in jeder Legislaturperiode den Altenbericht der Bundesregierung zur Lage der älteren Generation in Deutschland verfasst.

Von Johann Sebastian Bach lernen
Vorgängig zur Abendveranstaltung wird Andreas Kruse am Nachmittag (14 bis 17 Uhr) am Beispiel des Komponisten Johann Sebastian Bach über Resilienz im hohen Alter referieren – und selber am Klavier Kompositionen von Bach spielen. Das Leben von Johann Sebastian Bach war zahlreichen schweren Belastungen ausgesetzt und eignet sich gut, die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit, Resilienz und Kreativität im Lebenslauf deutlich zu machen. In seinem Buch "Die Grenzgänge des Johann Sebastian Bach" (Springer Verlag, Berlin 2014) vermittelt der Altersforscher Andreas Kruse psychologische Einblicke in die schwierige Lebenssituation des Komponisten.
Das Alterswerk von Johann Sebastian Bach könne helfen, die kreativen Potenziale des Alters zu veranschaulichen. Diese würden vor allem dann sichtbar, wenn Menschen in ihrer Biografie immer wieder Möglichkeiten gesucht und gefunden hätten, schöpferisch tätig zu sein, «wenn sie in einer Umwelt gelebt haben, in der sie Förderung erfuhren, wenn sie sich auch im Alter gefordert fühlen, etwas zu schaffen, was für sie selbst, aber auch für andere hilfreich und nützlich sein könnte», schreibt Andreas Kruse. Er wird an diesem Nachmittag zudem am Klavier Bach-Kantaten vortragen. Freier Eintritt für beide Vorträge, eine Anmeldung ist nicht nötig.

Diese Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Bach Ensemble Luzern statt. Am Sonntag, 22. September, um 17.00 Uhr, werden in der Franziskanerkirche folgende Werke aufgeführt: J.S. Bach: O Ewigkeit, du Donnerwort BWV 60; G. Ph. Telemann: Donner-Ode TVWV 6:3; C.D. von Dittersdorf: Harfenkonzert A-Dur. www.bachensembleluzern.ch

Alain Claude Sulzer: "Die Jugend ist ein fremdes Land"
An einer weiteren Veranstaltung im Rahmen der Lebensreise „Erinnern und Vergessen" liest am Mittwoch, 25. September, 18.30 Uhr im Hotel Beau Sejour an der Haldenstrasse 53 in Luzern (Türöffnung um 17.30 Uhr), der Basler Schriftsteller Alain Claude Sulzer aus seinem vorletzten Buch «Die Jugend ist ein fremdes Land» (Galiani Berlin, 2017). In kurzen Erinnerungsblitzen erzählt Sulzer, Jahrgang 1953, von seiner Kindheit und Jugend. Er erinnert sich an den Landessender Beromünster, die Willisauer Ringli, Frau Barth und ihren hellblauen Fiat 500, die SJW-Heftchen und Domdidier. In präzisen Skizzen entwirft er ein berührendes Erinnerungsmosaik, das uns in die eigene Jugend zurückführt. Sulzer hat zahlreiche Romane veröffentlicht, unter anderen Der perfekte Kellner, Aus den Fugen und Postskriptum. Soeben ist sein neuester Roman Unhaltbare Zustände (Galiani Berlin, 2019) erschienen. Lesung und Gespräch. Freier Eintritt, Anmeldung nicht nötig.
Das Programm

Alain Claude Sulzer und seine Erinnerungen: "Die Jugend ist ein fremdes Land". Bild Luzia Hunziker