Die Gütschbahn fährt wieder!

Von Judith Stamm

Das war jetzt ein Warten, ein Schimpfen, ein Spotten, ein Hoffen und Bangen. Und dauerte sieben lange Jahre! Aber jetzt fährt sie wieder, die Bahn hinauf zum Hotel Gütsch in Luzern. Historisch genau: Am 26. September 2015 morgens wurde sie wieder in Betrieb gesetzt. Nachdem sie am 21. August 2008 um 23.30 Uhr ihren Dienst eingestellt hatte.

Die Einheimischen nennen sie immer noch „Gütschbähnli“. Obwohl, ein „Bähnli“ ist sie natürlich nicht mehr. Wir werden unsere Bezeichnung dem modernisierten Transportmittel anpassen müssen. Die Verbindung zwischen der Talstation an der Baselstrasse und dem Hotel Gütsch wird heute durch einen Schräglift sichergestellt Es sind zwei Kabinen, die unabhängig voneinander, auf den zwei altehrwürdigen parallelen Gleisen fahren. Und, kaum zu glauben, die Höhendifferenz von 84 Metern wird auf einer Strecke von 173 Metern in 100 Sekunden überwunden!

Auch die Bewohner sind auf das Gütschbähnli angewiesen
Selbstverständlich bin ich, zusammen mit Kolleginnen, schon damit gefahren. Sehr angenehm, sehr ruhig. Die Fahrt fühlt sich behaglich an, die Strecke ist fast etwas zu kurz! Die Kabinen haben ein Panoramafenster, das freie Sicht auf die Umgebung gewährleistet. Auch mit Kinderwagen oder Velo lässt es sich bequem an Höhe gewinnen. Nicht nur die Hotelgäste schätzen das. Das Gebiet ist mit vielen Wohnungen erschlossen. Auch ihre Bewohner sind auf das erneuerte Gütschbähnli angewiesen.

Selbstverständlich stehen hinter der langen Wartezeit turbulente Geschichten. Geschichten des Hotels Gütsch. Es ist von weitherum sichtbar. Anzusehen wie ein verzuckertes Märchenschloss. Seinerzeit innen ausgestattet wie ein veritables Schloss mit alten Rüstungen und Hellebarden als Dekorationen in den Gängen. Eine Hochzeitsfeier im Gütsch war für das Hochzeitspaar und die Gäste ein absoluter Höhepunkt im Leben!

Aber wie es so geht. Nachfolgeprobleme und finanzielle Turbulenzen erfassten auch diesen Prachtsbau, erbaut 1888. 2005 ersteigerte die UBS als Hypothekargläubigerin das Schloss, ein Jahr später kam die Bahn dazu. 2007 kaufte eine Investmentfirma um einen russischen Milliardär das Hotel. Das Auf und Ab um Renovation, Erweiterung, Schliessung und Eröffnung des Hotels ging weiter. Aus Kostengründen wurde die Bahn 2008 still gelegt.

Ende gut, alles gut
Heute sprechen wir von einem neuen Anfang. Am 30. November 2014 hatte auch das Luzernervolk ein Wörtchen mitzureden und sagte in einer Referendumsabstimmung ein kräftiges Ja zur Gütschbahn. Die Stadt durfte gemäss Volkswillen den geplanten Schräglift, Baukosten 3.1 Millionen, mit 1.73 Millionen für Bau und Unterhalt während 25 Jahren unterstützen. Darauf hatte sich der Stadtrat mit der Eigentümerschaft im Verlaufe einer energischen Intervention und entsprechender Verhandlungen geeinigt. Und, ein cleverer Schachzug, das öffentliche Geld sollte erst fliessen, wenn die Bahn wirklich wieder fuhr!

Ende gut, alles gut: Der Gütschwald als schönstes Ausflugsgebiet der Stadt, das Hotel, die einmalige Aussicht von dort sind wieder allen Besuchern zugänglich! Und, wir haben es getestet, auch die Tagesgäste nehmen den Gütsch wieder in Beschlag. Neben Hotelgästen beleben Wandergruppen, Familien und Neugierige, wie meine Kolleginnen und ich, das Restaurant. Die Bedienung ist freundlich, das Essen gut, wir kommen wieder! Und für sichere Rückkehr garantiert der neue Lift mit Anschluss an eine direkte Buslinie zum Bahnhof.
4. Oktober 2015