Joel Früh

 

„Die Mitarbeitenden wollen ernst genommen werden“

Joel Früh, der neue Betriebsleiter des Eichhof, beantwortet Fragen zur Zukunft des grossen Betagtenzentrums.

 

Von René Regenass (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)

Aus meiner Sicht macht es ihn bereits sympathisch: Im „Chili“, der Zeitschrift des Betagtenzentrums Eichhof, schreibt Joel Früh als neuer Betriebsleiter eine Begrüssung an Bewohner und Mitarbeiterinnen. Und er lässt es nicht bei den offiziellen guten Worten eines Heimleiters bewenden. Er erzählt aus seiner Lebensgeschichte, dass er als Sohn zweier Pflegefachkräfte aufgewachsen sei und dass ihn die „Liebe“ nach Luzern gebracht habe. Allein mit dieser Öffnung wird Joel Früh ansprechbar, privat und eben auch beruflich.

Wir haben mit ihm gesprochen und ihn befragt, zum Eichhof und zu seiner neuen Führungsaufgabe.

Was haben Sie im Eichhof angetroffen, als Sie im Juli interimsweise die Führung des Eichhofs übernommen haben?
Joel Früh: Ich habe Mitarbeitende angetroffen, die sehr dankbar gewesen sind, dass man sie angehört und dabei ernst genommen hat, dass jemand auf die Abteilung gekommen ist und das Gespräch gesucht hat.

Haben Sie in den Gesprächen gespürt, was im Eichhof  fehlt? Ist es de Koloss? Oder etwas einfach gefragt: Wo klemmt’s?
Das muss ich noch vertieft klären. Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, Teamleiter und -Leiterinnen, andere Mitarbeitende, Angehörige, Bewohnende. Trotz der Grösse des Zentrums ist jede Abteilung für sich ein Lebensraum. Von den Bewohnenden und Angehörigen habe ich bislang fast ausschliesslich positive Reaktionen mitbekommen. Auf den einzelnen Abteilungen spielt die Grösse des Betagtenzentrums eine untergeordnete Rolle. Die Aussagen der Mitarbeitenden waren unterschiedlich. Ich traf Teams an, da sind die Mitarbeitenden rundum zufrieden und solche, die herausgefordert sind. Gründe dazu gibt es einige, zum Beispiel der Personalbestand, krankheits- oder unfallbedingte Ausfälle, Ferienabwesenheiten bis hin zu herausfordernden Situationen unter den Bewohnern und Bewohnerinnen.  

Führung und Kommunikation stärken

Die Antwort trifft nicht den Kern des Unbehagens. Das konzentrierte sich nicht auf Juli und August dieses Jahres. Schon seit längerem nimmt man Führungsprobleme im Eichhof wahr. 
Es sind wohl verschiedene Faktoren, die dazu beigetragen haben. Die Kommunikation ist einer davon. Und danach sehnten sich die Mitarbeitenden. Sie wollten ernst genommen werden. Das Tagesgeschäft funktioniert. Es ist auch eine Frage der Stimmung. Zum Negativbild beigetragen hat sicher der Umstand, dass Kaderstellen nicht besetzt werden konnten.

Wie sind Sie denn am Anfang vorgegangen?
Ich habe nach kurzer Zeit die Kadermitarbeitenden versammelt und ihnen erklärt, dass ich Kader und Teams stärken möchte. Ich habe Themen gesammelt, welche die Leute beschäftigten. Dazu zählte der Umzug des Hauses Diamant wie auch die Küche. Ich will jetzt vorab Führung und Kommunikation stärken. Danach sehnten sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Eine stabile Situation schaffen

Bis jetzt sprachen wir über die Vergangenheit. Jetzt haben Sie die Führung im Eichhof definitiv übernommen und sind als Leiter aller Betriebe (der Heime) aus der Viva-Geschäftsleitung ausgeschieden. Was hat Sie zu diesem Wechsel bewogen?
Es gibt immer zwei Fragen bei solchen Wechseln: Was ist richtig für die Organisation, und was stimmt dann auch für mich? Da waren zuerst die Mitarbeitenden, die mir ihr Vertrauen  geschenkt haben, obwohl sie noch im Ungewissen waren, wer jetzt künftig den Eichhof leiten werde. Die Langfristigkeit war noch nicht gegeben. Zudem: Es dauert sechs bis neun Monate, bis man eine derartige Führungsposition neu besetzen kann. Dabei geht es nicht nur um die fachliche Qualifikation. Der Eichhof ist so etwas wie eine Grossfamilie. Es gibt hier rund tausend Menschen, welche mit diesem Sozialraum verbunden sind: 300 Bewohnende, 300 Mitarbeitende und gut 300 Angehörige. Es dauert ein bis zwei Jahre, bis eine Führungskraft wieder volle Wirkung entfalten kann. Daraus folgte: Wenn ich nicht hier bleibe, entsteht wieder ein Führungsvakuum von einem bis zu zwei Jahren. Das wäre ein neuer Nachteil gewesen. Darum: Ich wollte diesem Betrieb für die nahe Zukunft eine stabile Situation ermöglichen. Das ist sehr wichtig. Dazu kam eine Güterabwägung: Die Perspektive für Viva Luzern kann nur gut sein, wenn es an der Basis stimmt. Und der Eichhof macht zurzeit einen Drittel aller Pflegeplätze aus, die Viva Luzern anbietet. Die Interimsbesetzung der Führungsposition hätte keine stabile Lösung ermöglicht. Darum erachtete ich es als sinnvoll, hier zu bleiben. Und für mich stimmte es von Anfang an. Es ist eine Herausforderung. Ich freue mich, dies mit den Menschen hier zu gestalten.

Gibt es eine besondere Zielsetzung für Ihr Wirken als Betriebsleiter im Eichhof?
Ich möchte den Eichhof zu einem Lebensraum machen, in dem Mitarbeitende, Bewohnende und Angehörige möglichst selbstbestimmt und zufrieden leben und wirken können. Das Heim soll in einer guten Grundstimmung funktionieren, mit einer Basis, auf der man auch künftige Projekte aufbauen kann.

Grosse Umstellungen in der Organisation

Wo könnten Steine im Weg liegen für diese gute Absicht?
Wir brauchen genügend Fachkräfte, wie alle Betriebe in der stationären Langzeitpflege. Wir haben Zweierzimmer, die teilweise schwierig zu besetzen sind. Mit diesen Fakten sind aber diverse Heime konfrontiert. Was bei uns dazu kommt, ist der Umzug der Bewohnenden vom Diamant nach Dreilinden im Sommer 2019, wenn hier mit dem Um- oder Neubau begonnen wird. Das Pflegepersonal geht gesamthaft mit. Aber es gibt andere Betriebsteile, die nicht als ganzes Team wegziehen und wo eine Neuorganisation im ganzen Eichhof notwendig wird, zum Beispiel Administration, Reinigung, Wäscherei und Küche.

Im Diamant sollen Alterswohnungen mit Dienstleistungen entstehen.
Diese Planung läuft bei Viva Luzern. Aber das ist ein übergeordnetes Projekt, das nicht im Eichhof alleine entschieden wird. Aktuell suchen wir eine Zwischennutzung.

In welcher Richtung?
Das kann zum Beispiel eine Übergangslösung werden für die Bewohnenden eines anderen Heimes. Die Diskussion läuft.

Die Küche muss neu aufgestellt werden

Zu den Baustellen im Eichhof gehört sicher auch die grosse Zentralküche, die in absehbarer Zeit nicht mehr die gleichen Aufgaben hat, weil die einzelnen Viva-Heime in Zukunft selber kochen werden. Im Wesemlin, im Staffelnhof und im Rosenberg ist es ja bereits soweit? Was steht im Vordergrund der Reorganisation? Die Personalfrage, die Bauten und Einrichtungen oder  die künftige Nutzung?
Die Personalfrage wird kein zentrales Thema sein. Die Aufgaben verschieben sich einfach, vom Eichhof in andere Heime. Und es gibt Fluktuationen. Wir werden also nicht plötzlich zehn Personen zu viel haben. Die grössere Herausforderung ist die betriebliche Umstellung. Wir haben noch andere Kunden, nicht nur die Viva-Heime. Das Ganze ist wie ein Prozess: die Küche muss neu aufgestellt werden. Das gibt Veränderungen in den Aufgaben.

Ist die Eichhof-Küche jetzt nicht einfach zu gross? Müssen Sie neue Tätigkeitsfelder suchen?
Der Eichhof hat sicher viel Küchenkapazität. Wir nutzen sie auch für andere Kunden. Aber es steht sicher eine Reorganisation mit neuen Prozessen an.

Und der Koloss Eichhof? Wird die Aufgabe gesamthaft etwas einfacher, wenn der Diamant mit den Alterswohnungen nicht mehr zum Eichhof-Betrieb gehört?
Die Bettenzahl wird dann von rund 300 auf etwa 220 reduziert. Ich sehe da Vorteile. Der persönliche Bezug zwischen Führung, Mitarbeitenden und Bewohnenden wird einfacher. Es wird überschaubarer, näher einfach. Das ist eine Chance.

Das Beste für die Bewohnenden geben

Wir reden von Strukturen, Betten, Reorganisation. Was können Sie für den einzelnen Bewohner tun, damit er sich aufgehoben fühlt?
Das bewegt mich sehr. Es steht ein Kadertag an, an dem ich genau diese Themen diskutieren möchte. Zum Beispiel: Wie können wir das Wohlbefinden der Kunden und Mitarbeitenden verbessern? Wo kann die Zusammenarbeit verbessert werden? Welche Kultur leben wir hier? Was mir besonders wichtig ist: In den einzelnen  Wohnbereichen auf den Abteilungen soll eine individuelle Organisation und Gestaltung möglich sein. Ich kann nicht das Wohl jedes Einzelnen persönlich verbessern. Aber ich kann dafür sorgen, dass das andere so machen. Das ist meine Aufgabe. Ebenso wichtig wie Strukturen sind die Personen, die sie beleben. Ich will die Mitarbeitenden so ausrüsten, dass sie auf ihren Abteilungen das Beste für ihre Bewohner und Bewohnerinnen geben können.
René Regenass – 18. Oktober 2018

rene.regenass@luzern60plus.ch