Was Luzerner 60plus bewegt – und was der Stadtrat für eine altersfreundliche Stadt tut

Bemerkenswert sei es, dass sich mehr als die Hälfte der Regierung der Diskussion mit dem Forum Luzern 60plus stelle, sagte die Präsidentin Christina von Passavant zur Begrüssung. Nach kurzen Statements der Stadträte leitete der Moderator Hanns Fuchs den Fragemarathon ein. Das Thema Wohnen in all seinen Formen ist Spitzenreiter, gefolgt von Fragen zur Sicherheit im Verkehr und im öffentlichen Raum. Da waren die Baudirektorin Manuela Jost, der Sozialdirektor Martin Merki und der Direktor für Umwelt, Verkehr und Sicherheit, Adrian Borgula, genau die Richtigen, um Stellung zu nehmen.

Vielfalt im Wohnangebot
Wie sorgt der Stadtrat für genügend zahlbaren Wohnraum? Fördert er – zum Beispiel mittels Anreizen – auch neue, gemeinschaftliche Wohnformen und weitere Alternativen zu den Altersheimen? - Dass in der Stadt Luzern das Angebot zum Wohnen im Alter vielfältiger werden muss, ist für Martin Merki klar. Denn mit den bestehenden Pflegeheimen und Pflegewohnungen sind allenfalls die Bedürfnisse von Betreuungsbedürftigen und Hochaltrigen abzudecken; das zeigt sich darin, dass Bewohner und Bewohnerinnen dieser Einrichtungen im Durchschnitt nur noch zwei Jahre dort leben, wie Merki ausführte.

Derzeit werden im Rahmen des Projekts „Altern in Luzern“ drei Quartiere durchleuchtet, um die Bedürfnisse der Generation 60 plus besser zu kennen zu lernen. Dies mit Einbezug der Bewohnerinnen und Bewohner. In Littau ist zum Beispiel eine Siedlung bereits im Bau, die mit ihrem Wohnungsmix und mit Gemeinschaftsräumen auch Menschen Platz bietet, die möglichst lange eigenständig wohnen möchten. Und wenn sie im höheren Alter Unterstützung brauchen, können sie ambulante Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder innerhalb der Überbauung in das Betreute Wohnen wechseln. Ähnliche Modelle planen auch Wohnbaugenossenschaften, zum Beispiel die abl mit dem Projekt Himmelrich 3.

Ambulante Dienstleistungen
Die Sozialdirektion will die ambulanten Dienstleistungen – zum Beispiel Spitex, soziale und hauswirtschaftliche Unterstützung – standardisieren und erweitern. Das würde vielen älteren Mietern und Wohneigentümerinnen ermöglichen, länger in der eigenen Wohnung zu bleiben, was ohnehin eine grosse Mehrheit wünscht. In der Sozialdirektion wird ferner die Idee geprüft, ob solche Dienstleistungspakete für Betagte auch mit Betreuungsgutscheinen bezogen werden könnten, ähnlich wie es in der Kinderbetreuung bereits funktioniert. „Und natürlich werden auch Nachbarschaftshilfe und Betreuungsleistungen von Angehörigen hoch geschätzt“, sagte Martin Merki.

Neue Wohnungspolitik für Alt und Jung
Die Wohnungspolitik muss dafür sorgen, dass in Luzern mehr gemeinnütziger Wohnraum angeboten wird. So will es das Volk, das 2012 einer entsprechenden Initiative deutlich zugestimmt hat. Die Baudirektorin Manuela Jost stellt dazu noch für dieses Jahr einen Bericht und Antrag in Aussicht. Da würden etwa Areale bezeichnet, die für den gemeinnützigen Wohnungsbau geeignet sind, aber auch konkrete Massnahmen wie beispielsweise mehr Mittel für preisgünstige Wohnungen vorgeschlagen. Und bereits die neue Bau- und Zonenordnung BZO, die im Juni zur Abstimmung kommt, sieht gewisse Anreize für den gemeinnützigen Wohnungsbau vor.

Manuela Jost plädiert aber auch für eine gute Durchmischung und ein Miteinander von Jung und Alt. Warum soll eine ältere, allein lebende Person nicht eine Studentin bei sich wohnen lassen? „Ich möchte auch private Initiativen aus der Bevölkerung spüren“, sagte sie. „Wer Ideen hat, soll sich bei der Baudirektion melden. Unterstützung bei der Realisierung wird zugesichert.“

Sicherheit im öffentlichen Raum
Dass nicht nur die Wohnungen, sondern auch das Wohnumfeld zu einer guten Lebensqualität beiträgt, hat Adrian Borgula unterstrichen. Die Aussenräume sollten Sicherheit vermitteln und soziale Vernetzungen, auch über Generationen hinweg, erleichtern. Um die Sicherheit im öffentlichen Raum zu verbessern, seien die SIP und die Zusammenarbeit mit der Polizei nur ein Faktor. Seine Direktion setze ebenso auf eine „soziale Bestimmung“ des öffentlichen Raums, auf eine Koexistenz verschiedener Gruppen, was die soziale Kontrolle verstärke. Als Beispiel erwähnte er den Raum um den Bahnhof und das KKL, wo der Barbetrieb solche Ziele verfolge. Im Übrigen wies er auf den Unterschied zwischen dem subjektiven (Un)Sicherheitsgefühl und der objektiv vorhandenen Sicherheit hin. Letztere sei in Luzern besser als das subjektive Gefühl mancher Stadtbewohner.

Verkehr und Velo-Rowdies
Ein Thema war natürlich auch die (mangelnde) Sicherheit im Verkehr, allen voran die Velofahrenden auf den Trottoirs. Adrian Borgula, bekennender Velofahrer, versteht, dass diese von älteren Menschen als bedrohlich erlebt werden und ärgert sich auch über Rücksichtslosigkeit. Er wies aber auch darauf hin, dass die baulichen Voraussetzungen für den Veloverkehr in Luzern verbesserungsbedürftig sind. Der Stadtrat hat denn auch offiziell den Auftrag, den öffentlichen und den Langsamverkehr zu fördern. In kleinen Schritten geht es voran, werden zum Beispiel Busspuren verlängert, um den öffentlichen Verkehr flüssig und pünktlicher zu machen. Angepeilt werden vom Stadtrat auch mehr Sicherheit auf den Fussgängerstreifen und mehr Verkehrstrennung. „Die Mobilität muss vernünftiger, umweltschonender und ruhiger werden“, das ist Borgulas Ziel. Er nahm eine Anregung aus dem Publikum auf, aus Luzern nicht nur eine Velostadt, sondern auch eine Rollstuhlstadt zu machen.

Ziemlich viel Raum nahm auch eine Diskussion ein zur Schliessung der Bibliothek und von Kundenschaltern der Verwaltung im Stadtteil Littau. Wird also Littau benachteiligt? Die Stadträte verwiesen auf nur wenige Kontakte an den Kundenschaltern. Und darauf, dass in Littau auch investiert werde. Martin Merki führte als Beispiel die Quartierarbeit an, die in Ruopigen gestartet wurde.

Schliesslich erinnerten die Stadträte auch mehrmals an den Sparauftrag, der ihnen vom Parlament erteilt wurde. Das führe dazu, dass die eine oder andere sinnvolle Massnahme aus Kostengründen nicht zu realisieren sei. Oder dass beliebte Angebote auch mal aufgehoben werden – zum Beispiel die beiden Hallenbäder in den Heimen Dreilinden und Utenberg, die auch von der Quartierbevölkerung benutzt wurden.

Freundliche Stadt für alle, nicht nur für die Alten
Ein Fazit aus der fast zweistündigen Diskussion ist schwer zu ziehen, zu vielfältig waren die aufgeworfenen Themen. Ein Eindruck aber war deutlich: Alle drei anwesenden Stadträte haben ein offenes Ohr für die Anliegen der Generation 60plus. Sie sind aber auch der Meinung, dass manche angepeilten Verbesserungen nicht einfach Privilegien für Ältere seien, sondern allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugute kämen. Sei es ein vielfältiges und bezahlbares Wohnungsangebot, eine gute soziale und generationelle Durchmischung, ein kontaktfreundliches Wohnumfeld, eine funktionierende Infrastruktur in den Quartieren oder mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer.

Kann man also darauf hoffen, dass Luzern mit den geplanten Massnahmen für eine altersfreundliche Stadt gleichzeitig eine kinderfreundliche Stadt wird? Das ist nämlich auch ein Ziel. Denn, so der Sozialdirektor Martin Merki: „Luzern hat, nach Basel, den grössten Bevölkerungsanteil an Menschen 60plus. Aber deswegen ist die Stadt nicht etwa überaltert, sondern unterkindert.“
Marietherese Schwegler – 12. April 2013