Eintauchen in die Geschichte der Sozialen Sicherheit

Von Marietherese Schwegler

Die AHV, die IV, die Pensionskassen, die obligatorische Krankenversicherung, die Arbeitslosenversicherung oder die Familienzulagen – was wir heute für selbstverständlich halten, musste erst geschaffen und oft genug über Jahrzehnte politisch erkämpft werden. Eine neue Website der Universitäten Basel und Genf und des Bundesamtes für Sozialversicherungen berichtet über die Geschichte der Sozialen Sicherheit. Die Information ist für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet.

Fortschritt musste erdauert werden
1948, meine Grossmutter war damals gerade 67 Jahre alt, wurden in der Schweiz die ersten AHV-Renten ausbezahlt. Fortan brachte der Pöstler meiner Grossmutter ihre kleine Rente Monat für Monat bar an die Wohnungstür, vielleicht vierzig, fünfzig Franken in Fünfernötli. Das ist wohl meine früheste persönliche Erinnerung an die AHV. Doch die AHV, eine zentrale, nicht mehr wegzudenkende Säule der Sozialen Sicherheit, hat eine lange Vorgeschichte: Schon 1925 hatten die Schweizer einem Verfassungsartikel zugestimmt. Aber erst 20 Jahre später wurde dieser rudimentär umgesetzt – nachdem noch 1931 eine erste Gesetzesvorlage, die Lex Schulthess, in der Volksabstimmung gescheitert war.

Erinnert die Geschichte der AHV nicht auffallend an die Mutterschaftsversicherung, mit der die Schweiz noch viel länger schwanger ging? Sie wurde 1945 an der Urne als Verfassungsauftrag angenommen. Und knapp 50 Jahre später, im Jahre 2004, endlich umgesetzt.

Von den Anfängen des Bundesstaates bis 2006
Manche heutige RentnerInnen erinnern sich wohl noch, dass sie 1972 über die obligatorische Pensionskasse abgestimmt haben, die inzwischen vielen einen angemessenen Lebensstandard im Alter ermöglicht. Oder dass seit den 80er-Jahren die AHV-Renten in gewissen Abständen der Teuerung angepasst werden.

Aber seit wann gibt es schon wieder die Arbeitslosenversicherung? Wie verliefen die politischen Diskussionen um Ausbau oder Wegsparen von sozialen Errungenschaften? Wie sich die Armenpflege zur Sozialhilfe mauserte, was ausländische Arbeitskräfte seit den 1950er-Jahren zu den Sozialversicherungen beitragen und zahlreiche andere Aspekte der Geschichte der Sozialen Sicherheit sind auf der Website nachzulesen. Entlang einer Zeitlinie von 1848 bis 2006 sind die Ereignisse im Abriss chronologisch geordnet. 

Auf der Website finden sich auch Portraits der wichtigsten VorkämpferInnen für die soziale Sicherheit, zum Beispiel über den Vater der AHV, Hans Peter Tschudi, oder Ruth Dreifuss. Das Kapitel Risikogeschichte ordnet die Entwicklung ein in historische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge, beleuchtet das jeweilige zeittypische Denken und die sich wandelnden politischen Mehrheitsverhältnisse.
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28. Februar 2014