Angehörige sind oft überfordert

Ein betagter Ehemann pflegt seine demente Ehefrau, die ihn mit ihrem schwierigen Verhalten oft überfordert. In der Enge der kleinen Wohnung ist es kaum möglich, einander auszuweichen. Der Ehemann schreit seine Frau an und wird manchmal handgreiflich, doch ein Heimeintritt kommt nicht in Frage. Die Kinder wissen nicht weiter und schalten die Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter (UBA) ein. Sie versucht in solchen Fällen zu beraten und zu vermitteln. In den ersten drei Jahren ihres Bestehens hatte sie sich mit 120 Beschwerden zu befassen.

„Etwa ein Drittel der Übergriffe geschieht durch betreuende Familienangehörige“, sagt Susan Biland, Betriebswirtschafterin lic. oec. publ. und seit 2011 Präsidentin der UBA Zentralschweiz. „Sie sind oft überfordert und wissen sich nicht mehr zu helfen.“ So habe eine Tochter ihre Mutter faktisch gefangen gehalten. Ältere Personen werden beschimpft, bedroht oder auch genötigt – zum Beispiel beim Abfassen eines Testamentes. Manche ältere Personen würden diese Misshandlungen hinnehmen, weil sie sich hilflos fühlen oder von ihren Kindern nicht in ein Altersheim abgeschoben werden möchten. Oft seien es dann Verwandte, Nachbarn oder auch Pflegefachfrauen der Spitex, die sich meldeten und die UBA als Vermittlerin einschalteten.

Kompetente Senioren vermitteln
Die UBA  Zentralschweiz, 2010 mit Sitz in Luzern gegründet, versteht sich als unabhängige Beschwerdestelle. Sie wird von Curaviva (ehemaliger Heimverband), Pro Senectute, Spitex und vom Schweizerischen Roten Kreuz getragen und von den sechs Zentralschweizer Kantonen unterstützt. Sie vermittelt bei Konflikten mit Heimen, Spitälern, der Spitex, mit Krankenversicherern oder mit Angehörigen. Die Fachkräfte, die sich für Beratung und Vermittlung zur Verfügung stellen, arbeiten ehrenamtlich. Es sind gut qualifizierte Seniorinnen und Senioren, wie Ärztinnen, Juristen, Sozialarbeiterinnen, Pflegefachleute oder Psychologinnen. Die Fachkommission leitet Maya Huber-Schöpfer, die früher als Pflegefachfrau, Berufsschullehrerin und Heimleiterin tätig war. „Wir bieten durch gezielte Beratung Hilfe zur Selbsthilfe an und sind bestrebt, im Sinne einer Mediation zwischen den Interessen der verschiedenen Personen zu vermitteln“, sagt Maya Huber-Schöpfer.

Oft drehen sich die Beschwerden um finanzielle oder innerfamiliäre Probleme, aber auch um Gewalt und Missbrauch. Huber-Schöpfer nennt Fallbeispiele aus der letztjährigen Tätigkeit:
- Frau A. lebt im Heim und kommt mit ihren Zahlungen nicht mehr zurecht. Die Töchter leben im Tessin und wehren sich dagegen, dass der Treuhanddienst der Pro Senectute, wie vom Heim empfohlen, beigezogen wird. Frau A. weiss nicht mehr weiter.
-  Frau B. lebt mit ihrem Ehemann und dessen Vater auf einem Bauernhof. Das Zusammenleben ist schwierig, doch der Schwiegervater hat ein lebenslanges Wohnrecht und lebt im gleichen Haus in einer kleinen Wohnung. Frau B. möchte dieses Wohnrecht aufheben und den Schwiegervater ins Heim einweisen. Die Fronten sind verhärtet.
- Frau C. beobachtet als Pflegemitarbeiterin bei einer Kollegin grobes und respektloses Verhalten. Obschon die Heimleitung verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht wurde, unternimmt sie nichts. Frau C. getraut sich nicht, sich einzumischen, weil sie befürchtet, entlassen zu werden. Die UBA klärt.

Nicht Partei
Oft geht es nur um Unklarheiten im täglichen Leben, wie UBA-Präsidentin Susan Biland sagt. Fragen zur Steuererklärung oder zur Krankenkasse, zur Besa-Einstufung oder um einen vermeintlichen Diebstahl. Eine ältere Frau konnte sich zum Beispiel nicht damit abfinden, dass sie den Führerausweis abzugeben hatte. Nach einem klärenden Gespräch habe sie das dann akzeptieren können. „Da wir in solchen Konflikten nicht Partei sind, können wir vermitteln und gemeinsam nach Lösungen suchen“, sagt Susan Biland.
Beat Bühlmann - 12. Februar 2013

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