Ein gutes Beispiel für die Vernetzung: Marktplatz 60plus in der Kornschütte.

"Digitale Kenntnisse sind auch für die ältere Generation unerlässlich"

Die digitale Vernetzung macht vor der älteren Generation nicht Halt. Im Gespräch mit der Zeitschrift "SeniorIn" erklärt Beat Bühlmann, wieso die Vernetzung auch im Alter wichtig ist. Gleichzeitig wirbt er für mehr persönliche Begegnungen.

Das Gespräch mit Beat Bühlmann* führte Linus Baur

Linus Baur: Wie vernetzen sich heute ältere Menschen und gibt es neue Formen der Vernetzung im Alter?
Beat Bühlmann: Es gibt verschiedene Formen der Vernetzung im Alter, je nach Interesse und Rüstigkeit. Eine neue Form der Vernetzung, die ich spannend finde, ist das Netzwerk 80plus in Luzern. Dieses organisiert alle zwei Wochen einen Stammtisch für über 80-Jährige in einem Betagtenzentrum, an dem ausgewählte Themen vorgestellt und diskutiert werden. Jedes zweite Mal wird ein Gast eingeladen. Der von Innovage Netzwerk Zentralschweiz mitorganisierte Anlass findet regen Zuspruch.

Eine weitere neue Form der Vernetzung ist das Netzwerk Alter der Stadt Luzern, in dem sich über 30 Institutionen der Stadt, die in der Altersarbeit tätig sind, treffen und sich gegenseitig austauschen. Heute herrscht eher ein Überangebot an Netzwerkmöglichkeiten. Viele ältere Menschen bekunden Mühe, in diesem vielfältigen Angebot den Überblick zu behalten. Ich bin ein starker Verfechter von persönlichen Begegnungen, welcher Art auch immer. In meiner Projektarbeit «Altern in Luzern» habe ich damit nur positive Erfahrungen gemacht.

Heisst das, dass die älteren Menschen heute gut vernetzt sind und gar kein Bedürfnis nach weiteren Vernetzungsmöglichkeiten vorhanden ist?
Je nach Altersgruppe und Herkunft sind die älteren Menschen unterschiedlich vernetzt. Beispielweise sind die hier heimischen Italiener, Spanier oder Portugiesen unter sich sehr gut vernetzt. Schwieriger ist es, die Sprachgruppen untereinander zu vernetzen. Ein Anfang ist gemacht, indem Hinweise zu kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen der einzelnen Sprachgruppen über Unitre gemeinsam herausgegeben werden. Schön wäre, wir könnten den Austausch auch zwischen uns Schweizern und den hier ansässigen Ausländern voranbringen.

Sorge bereitet mir eher, wie sich die über 80-Jährigen über das eigene Quartier hinaus besser vernetzen können. Dazu ist es wichtig, dass diese Menschen die neuen Formen der Information, sprich Mail und Internet, nutzen können. Deshalb begrüsse ich entsprechende Angebote, wie sie beispielsweise das Lerncenter von Seniorweb anbietet. Heute ist es auch für die ältere Generation unerlässlich, dass sie über digitale Kenntnisse verfügt, um den Alltag besser meistern zu können.

Welche Rolle spielt die digitale Vernetzung im Alter und wie kann die öffentliche Hand die Vernetzung älterer Menschen unterstützen?
Heute ist es üblich, dass wir - etwa beim Forum Luzern60plus - Einladungen und Mitteilungen per Mail verschicken und uns im Internet informieren, dass wir uns über WhatsApp im Familien- und Freundeskreis austauschen. Im Kommen sind Apps, mit denen wir uns über das Geschehen im Quartier informieren und Nachbarschaftshilfen unterschiedlichster Art anbieten und abrufen können. Das sind neue Formen der Vernetzung, die vor der älteren Generation nicht Halt machen werden und sehr nützlich sind. Wichtig ist, dass diese neuen Möglichkeiten der digitalen Vernetzung auch wahrgenommen und sinnvoll genutzt werden.

Heute herrscht in der digitalen Welt ein Wildwuchs. Deshalb unterstütze ich Bestrebungen, dass an unseren Schulen die Medienkunde wieder eingeführt wird. Auch bin ich dafür, dass die öffentliche Hand mehr Hilfen anbietet und vorab private Initiativen wie beispielsweise die Schaffung einer digitalen Lernwerkstatt für die ältere Generation in der Gemeinde unterstützt. Andererseits müssen aber auch persönlichen Kontakte ermöglicht werden: Der alljährlich stattfindende und rege besuchte Marktplatz 60plus in Luzern, eine Plattform für das zivilgesellschaftliche Engagement, ist ein gelungenes Beispiel für eine solche Unterstützung durch die öffentliche Hand. - 10.12.2018

Dieses Interview erschien zuerst in der Zeitschrift "SeniorIn", Ausgabe 4/2018. www.seniorweb.ch

* Beat Bühlmann, Journalist und Gerontologe, leitete von 2012 bis 2016 das Projekt «Altern in Luzern». Er  gehört dem Ausschuss des Forums Luzern60plus an und ist Mitglied der Redaktionsgruppe dieser Webseite.