Wohlan: Wir sind das Volk!

Von Hermann Suter-Lang
Die Schweiz ist (noch) nicht untergegangen und wir leben noch! Es geht uns gut, heisst es. Es wird auf hohem Niveau gejammert und genörgelt, heisst es. Wir Schweizer und Schweizerinnen, heisst es, machen (fast) alles besser als die Andern. Wir hätten allen Grund, unseren National-feiertag einmal mehr mit Stolz und Zufriedenheit zu begehen, heisst es. Bei allem Respekt, so einfach sind die Dinge meines Erachtens nicht.

Auf Bundesstufe lassen Bundesrat und Eidgenössische Räte die Armee seit Jahrzehnten sträflich im Stich und setzen damit die Sicherheit von Land und Volk in grobfahrlässiger und verfassungswidriger Weise aufs Spiel. Unsere Aussenpolitik kommt schwammig daher. Die Finanzpolitik holpert von einem Bocksprung zum andern. Seit Jahren plagt die ungebremste Kostenexplosion unsere Gesundheitspolitik. Die Migrationspolitik ist längst aus dem Ruder gelaufen. Die Bildungspolitik hat auf allen Stufen an Qualität eingebüsst. Der Verwaltungsmoloch "Bundesbern“ drängt die direkte Demokratie, mithin das Stimmvolk, zunehmend in die Defensive. Das Gros der Medien hat sich im „Mainstream-Journalismus“ von der Rolle als vierte Gewalt im Staat verabschiedet. Der Rechtsstaat verkommt zu einem Rechtsmittel-Missbrauchsstaat. Das Land ist nicht nur in der EU-Beitrittsfrage gespalten.

Auf Kantons-und Gemeindestufe blüht die Fusionitis und eine beispiellose Vorschriften- und Regelungsdichte. Die Polit-Astrologen von „Avenir-Suisse“ denken laut über die Schaffung von „Metropolitan-Regionen“ nach: Föderalismus, Kantonale Souveränität und Gemeindeautonomie sollen auf den Altären modernen Zentralismus und „wirklicher“ Effizienz geschlachtet werden. Die einst selbstbewussteGemeinde-bürgerschaft wird zunehmend zu einem Haufen von Befehlsempfängern und Zahlungsmaschinen. Gleichzeitig leeren sich die Kirchen und erodieren „schweizerische Werte“ wie Fleiss, Zuverlässigkeit, Ordnungssinn, Sauberkeit, Rücksichtnahme und mitmenschliche Hilfsbereitschaft. Stattdessen tanzen längst nicht mehr nur die geldgierigen Abzocker um die goldenen Kälber. Sind wir auf dem Wege zur Neidgenossenschaft?

Gottseidank gibt es sie noch! Die Tausenden von unscheinbaren Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Tausenden von freiwilligen Helferinnen und Helfern, welche tagaus und tagein Gutes tun: in den Familien, am Arbeitsplatz, in der Sozialhilfe, in den Kirchen, in Vereinen, im Sport, in der Armee, im Brauchtum usw. Das macht stolz, das lässt Freude und gerade am Nationalfeiertag Respekt und Dankbarkeit aufkommen.

Die Frage bleibt: Sind wir uns eigentlich noch bewusst, was  „Denn
die fromme Seele ahnt, Gott im hehren Vaterland“
tatsächlich bedeutet? Sind wir bereit,  die nötige Zivilcourage zugunsten der Willensnation Schweiz an den Tag zu legen? Wohlan: Wir sind das Volk! Also mischen wir uns in die Politik des Landes ein – wir haben hiezu das Recht UND die Pflicht. Tun wir es, dann wird die Schweiz nicht untergehen. Dann werden wir Heutigen und die kommenden Generationen in Friede, Freiheit und  Unabhängigkeit weiterleben können.
30.Juli 2012

Zur Person:
Hermann Suter-Lang, geboren 1940, wuchs in Vitznau auf. Nach einer Dissertation über „Innerschweizerisches Militär-Unternehmertum im 18. Jh.“ wirkte er als Lehrer und Rektor des Lehrerseminars, der Diplommittelschule und des Kindergartenseminars der Stadt Luzern. 1994 wurde er Vorsteher des Kantonalen Amtes für Zivilschutz und Chef des Kantonalen Krisenstabes Luzern. Der ehemalige FDP-Grossrat und Grenadier-Oberstleutnant ist Gründungspräsident der Gruppe GIARDINO zur Rettung der Milizarmee (2010). Hermann Suter ist verheiratet, Vater zweier erwachsener Söhne und wohnt in Greppen.