Für jung und alt eine Bereicherung

„Das kann man wieder machen“, sagte der 92Jährige auf meine Frage, wie er die Begegnung und die Gespräche mit den jungen Menschen erlebt habe. Da ist eine gute Idee vorbildlich umgesetzt worden. Oberstufen-Schülerinnen und Schüler vom Utenbergschulhaus begleiteten Bewohner und Bewohnerinnen des Betagtenzentrums Viva Luzern Wesemlin auf ihrem Jahresausflug nach Baar zum Bauernhof Hotzenhof. Jeder Schüler, jede Schülerin betreute während rund vier Stunden den gleichen alten Menschen.

Doris Fankhauser Vogel, die Betriebsleiterin von Viva Luzern Wesemlin, erlebte die Ausflüge an zwei Tagen als Bereicherung im Alltag. „Bei den  Bewohnenden sind andere Sinneseindrücke geweckt worden, Erinnerungen an frühere Zeiten vor allem, die besonders Menschen mit Demenz für Augenblicke Anknüpfungspunkte zurückgeben.“ Die Präsenz der Schülerinnen hat Doris Fankhauser sehr positiv erlebt. „Sie haben die Aufgabe mit Respekt und Verantwortung wahrgenommen.“ Was der 92Jährige dann auch noch sagte, nachdem er sich auf dem Rollstuhl zu mir durchgearbeitet hatte: „Schreiben sie dann, dass wir Frau Fankhauser sehr gerne haben.“

Der Gedanke zur Begegnung von jung und alt entstand im vergangenen Jahr am Tag der Offenen Tür im BZ Wesemlin. Selim Krasniqi, Leiter Bildung und Entwicklung in Wesemlin, kam ins Gespräch mit Utenberg-Schulleiter Uwe Volkwein, der für die Projektwoche Begegnung („Ich plus Du gleich Wir“) eine Idee suchte, die jetzt umgesetzt worden ist. 74 Schüler und Schülerinnen der dritten Sekundarklasse waren beteiligt, die einen im Betagtenzentrum selbst, die andern auf der Carreise nach Baar. Dieser Begleitung ging eine einstündige Instruktion der jungen Leute im Wesemlin voraus. Die Vorbereitung habe jedoch schon früher in der Schule begonnen, erklärte Klassenlehrer Dario Muff. Die Schüler und Schülerinnen sind im Detail auf die Begegnung mit den grösstenteils hilfsbedürftigen alten Menschen vorbereitet worden, zum Beispiel auch darauf, dass alles, was sie im Gespräch hörten, der Schweigepflicht unterstehe.

Nach der Abfahrt mit den beiden Cars (rund 30 betagte Frauen und Männer machten den Ausflug mit) begrüsste Doris Fankhauser die Gäste. Sie sind vorher einzeln in ihren Zimmern von den Schülern und Schülerinnen abgeholt worden. Jetzt sitzen sie zu zweit im Bus, fast alle im Gespräch miteinander. „Sind sie verheiratet gewesen“, fragt die Schülerin. „Ja, aber mein Mann ist vor über 30 Jahren gestorben“, sagt Clara Müller, 96jährig. Sie weiss viel zu berichten und wird von ihrer jungen Begleiterin immer wieder auf natürliche Art und Weise herausgefordert, zu erzählen. Ihr Mann hat die Migros-Klubschule Luzern gegründet, sagt sie nicht ohne Stolz. „Und wissen sie, ich bin halt ein Migros-Fan.“
10. Juni 2015 / René Regenass