Jede Schweizer Altstadt ist besser als die Luzerner

Von Mario Stübi

Waren Sie schon mal in Biel, genauer ihr der dortigen Altstadt? Ich war es diesen Sommer – und mir sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen: So viele kleine Einzelgeschäfte auf einem Haufen! Das Noten- und Instrumentengeschäft, die Schmuckproduzentin, der Galerist mit Exponaten lokaler Künstler, die Genossenschaftsbeiz mit Kulturprogramm, das Buchantiquariat – einfach eine Vielfalt, wie ich sie in einer Schweizer Altstadt nicht erwartet hätte.

In Aarau übrigens die gleiche Szenerie, hier leben die Gassen überdies am Abend, weil die vielen Bars und Restaurants gut besucht sind, die Fenster geöffnet haben und die Leute draussen plaudern und rauchen. Gespräche und Gelächter vermischen sich mit Gläserklirren und Musik. Es lebt.

Warum mich das so fasziniert? Weil ich aus einer Stadt komme, wo es das nicht gibt. In Luzern hat‘s mehrheitlich Geschäfte, weniger Gastronomielokale. Und die Geschäfte gehören kaum Einheimischen, sondern zu Markenketten.

Ich will nicht jammern. Aber bislang war jede Schweizer Altstadt, die ich besucht habe, aus meiner Sicht besser als die Luzerner. Vielfältiger, interessanter, belebter. Ich seh die Zusammenhänge, die zu diesem Umstand führen: Eigentumsverhältnisse, historische Entwicklungen, Rendite pro Quadratmeter, Tourismusaufkommen, Denkmalschutz usw. Und ich weiss, dass sich dies alles nicht von heute auf morgen verändern lässt. Ich wünschte mir aber, dass ich mich ob der Luzerner Altstadt irgendwann genau so erfreute wie ab der einer anderen Schweizer Stadt.  (10.11.2016)

Zur Person

Mario Stübi (32) hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert. Er ist freischaffender Redaktor und DJ und für die SP Mitglied des Grossen Stadtrats von Luzern. Er engagiert sich kulturell in diversen Vereinen und Gremien, aktuell für die IG Kultur Luzern.