Marktplatz

Von Judith Stamm

Jeden Samstag ist in Luzern Markt an der Reuss. Diesmal war aber ein ganz besonderer Marktplatz zu besuchen, in der Kornschütte beim Rathaus.

Fühlt sich jemand einsam oder hat ein besonders drängendes Bedürfnis nach Kommunikation, dann ist ein Spaziergang am Samstag an den Markt an der Reuss eine gute Idee. Die Dichte des Passantenstromes macht das Durchkommen zwar etwas schwierig. Aber das wird durch die Begegnungen mit Menschen aufgewogen. So geschah es auch mir. Seit Jahren hatte ich den Journalisten, der plötzlich vor mir stand, nicht mehr gesehen. Er machte, wie er mir erklärte, eine Reise von der einen Kantonshauptstadt in die andere, um Kaffeekapseln zu kaufen, die es bei ihm zuhause nicht gebe. Ich werde mich natürlich hüten, durch Nennung des Namens Schleichwerbung zu machen! Um ein wenig Zug zu fahren und dabei in Ruhe Zeitungen zu lesen. Wir schauten uns an und stellten, ohne es auszusprechen, fest: „Er, sie sieht immer noch aus wie bei der letzten Begegnung, vor Jahren“. Ein kurzer Wortwechsel noch, mit der Beteuerung, alles sei im grünen Bereich, und wir verabschiedeten uns.

Kein Korn, sondern Angebote von 33 Organisationen

Aber der Markt war heute gar nicht das eigentliche Ziel meines Aufbruchs. Ich strebte dem „Marktplatz“ zu. Genauer gesagt dem „Marktplatz 60plus 2017“, abgehalten von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr in der Kornschütte. Da wurde früher das Korn, das mit Schiffen auf der Reuss transportiert wurde, gelagert. Das Thema war dieses Jahr „Alter bewegt“. Dreiunddreissig Organisationen, die den Tag tragen, sind auf dem Programmflyer aufgelistet. Von der „Ornithologischen Gesellschaft der Stadt Luzern“ über „Pro Musicante“ bis zum „stattkino – Cinedolcevita“. Keine Angst, es finden sich da natürlich auch die „Fachstelle für Altersfragen“, die „Rheumaliga“ und „Viva“. Letzteres ist die Aktiengesellschaft, in die wir vor einiger Zeit per Volksabstimmung unsere öffentlichen Alterszentren ausgelagert haben.

Der Marktplatz war wunderbar. Ringsherum Stände, an denen die Organisationen ihr Angebot und ihre Tätigkeiten sichtbar machten. Faltblätter, Prospekte, Broschüren zuhauf hätte man mit nachhause nehmen können. Aber der Gedanke an das zu entsorgende Altpapier ist bei uns ja allgegenwärtig. Und interessanter waren allemal die Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern der Institutionen. Darauf liess ich mich ein und konnte zwei Vorurteile, die sich in meinem Kopf festgesetzt hatten, revidieren. Das eine mit der Präsidentin der „Genossenschaft Zeitgut Luzern“ in einem intensiven Streitgespräch. Das andere mit den beiden netten Herren, welche die UBA vertraten, die „Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter“. Ja „me mues halt rede mitenand“ galt auch hier.

Stoff zum Nachdenken

Ich konnte gar nicht sämtliche Informationen, die der Marktplatz bot, aufnehmen. Da ein Gruss, dort ein Wort unterbrachen immer wieder die Konzentration. Und zwischendurch rollte ein Programm ab. Eine Fläche war mit Stühlen besetzt und für Zuhörer freigehalten. Aber natürlich auch für diejenigen, denen vor lauter Stehen und Herumgehen schliesslich die Füsse wehtaten. Ich hörte mir das Interview mit Roy Freemann (68), ETH-Dozent der Erdwissenschaften und geologischer Wanderer, an. Zwei Dinge bleiben mir in Erinnerung. Er bekam beim Wandern Hüftschmerzen. Aber solange er mit dem Schmerz umgehen könne, ziehe er eine Operation nicht in Betracht. Als Resultat eines Gesprächs mit seinem Arzt, wie er uns erklärte. Mit dieser Aussage hatte er eine ganze Philosophie in eine Nussschale verpackt! In den letzten Jahren habe er sich auch im sozialen Bereich betätigt und mit Autisten gearbeitet. „Ja“ sagte er, „ich arbeite ja beruflich mit Steinen und bringe sie zum Sprechen. Das hat mir bei meinem Einsatz für Autisten sehr geholfen und ich habe viel von ihnen gelernt.“ Damit gab er mir Stoff zum Nachdenken mit!

Nach einem weiteren Interview mit der Ballettchefin des Luzerner Theaters, Kathleen McNurney, entzog ich mich den Menschen, den Angeboten, dem ganzen Trubel. Zusammen mit einer Kollegin setzte ich mich in ein Kaffeehaus. Wir tauschten aus, was uns besonders beeindruckt hatte, und liessen uns in eine lässige Samstagabendstimmung hineingleiten.

An die Macherinnen und Macher des Marktplatzes 2017 noch ein letztes Wort: Eure Vorbereitungen, euer Aufwand, euer Einsatz haben sich vollauf gelohnt! Wir gratulieren! Und: Wir freuen uns auf den Marktplatz 2018!  
16. Mai 2017