„Die Themen im letzten Lebensabschnitt sind diskussionsfähig geworden“

Am 1. Mai hat Paolo Hendry die Leitung der Abteilung Alter und Gesundheit übernommen. Hier beantwortet er unsere Fragen.

Alter + Gesundheit  -  Gibt es einen persönlichen Bezug zu diesem Thema?
Paolo Hendry: Es gibt viele. Spontan fallen mir ein:
Mein eigenes Alter. Ich bin letztes Jahr 50 Jahre alt geworden und habe innerlich zurück, aber auch nach vorne geschaut. Was kommt noch? Was will ich noch? Mit 50 darf man sicherlich beginnen, sich mal darüber Gedanken machen.
Meine Mutter ist 87 Jahre alt. Sie lebt in Chur in einer Alterswohnung. Zur Anlage gehört auch eine Pflegeabteilung. Sie kann noch mit einer gewissen Unterstützung recht selbst­ständig wohnen, trotz diversen altersbedingten Einschränkungen. Sie stammt aus Poschiavo, hat südländisches Temperament und ist eine richtige „Mamma“. Sie hat nach wie vor eine sehr positive Ausstrahlung, auch wenn nicht mehr alles so gut geht wie früher. Ich bewundere Sie für ihre Lebensfreude und Herzlichkeit, die sie sich bewahrt hat. - Die Vielfalt der Themen von Alter und Gesundheit liegt wohl grösstenteils zwischen diesen beiden Lebenswelten.

Wo setzen Sie an, wenn es um das Thema Alter geht? Was steht jetzt im Vordergrund?
Ich sehe folgende Schwerpunkte: Das Thema Alter wird in der Gesellschaft immer noch sehr mit Problemen und Kosten verbunden. Die kann man nicht wegdiskutieren, aber mir ist es wichtig, auch die vielen positiven Aspekte zu sehen und zu fördern. Seien wir doch froh, dass wir nach der Erwerbsphase eine immer längere und gesündere Zeitspanne zur Verfügung haben und sie gestalten können. Schönreden darf man jedoch nicht alles, es gibt auch schwierige Aspekte. Ich bin aber froh, dass wir immer besser über diese Themen im letzten Lebensabschnitt bis hin zum Sterben diskutieren können.

Wichtig ist mir auch der gesellschaftliche Zusammenhalt über die Generationen hinweg. Projekte, in denen Jung und Alt zusammenkommen, finde ich besonders wichtig – und zwar nicht nur Kinder und Grosseltern, auch die mittleren Generationen. Und noch etwas: Das Alter gibt es nicht. Ältere Menschen sind so vielfältig und einzigartig wie alle anderen Altersgruppen.

Die Auslagerung der Heime an die private Viva hat die Situation verändert – bei Organisation und Personal hat die Stadt nicht mehr viel zu sagen – Der Ausbaustopp bei den Pflegewohnungen ist ein erstes Zeichen in dieser Richtung, Wie gehen sie mit dieser Sachlage um?
Ich bin da zuversichtlich. Schon vor der Verselbständigung der Viva Luzern AG gab es private Heime in der Stadt, die zum sehr guten Angebot in Luzern gehören. „Privat“ muss nicht besser sein, aber auch nicht schlechter. Über Leistungsvereinbarungen und andere Planungsinstrumente haben wir bei allen Anbietern ausreichend Einflussmöglichkeiten. Was wir uns leisten können und wollen, ist aber abhängig vom Bedarf und vom politischen Willen.
Mit der neu geschaffenen Abteilung "Alter und Gesundheit" sind wir auf Seiten der Stadt gut aufgestellt. Zwar befinden wir uns noch in einer Übergangsphase. Wir haben aber in kurzer Zeit schon einige strategische Pflöcke einschlagen können und sind daran, uns weiter zu positionieren.

Welche strategischen Pflöcke meinen sie?
Damit sind die beiden Berichte ans Stadtparlament mit den Schwerpunkten in den Bereichen "Zusammenleben und Mitwirkung" und "Selbstbestimmtes Wohnen im Alter" gemeint. 

Sie haben in Luzern die Sozialarbeiter-Ausbildung gemacht. Was hat sie zum sozialen Engagement geführt?
Ich war etwa 20 Jahre in der verbandlichen Jugendarbeit tätig. Das hat mich stark geprägt und mir auch persönlich sehr viel gebracht. Meinen heutigen Job würde ich aber nicht als soziales Engagement bezeichnen. Es ist ein Beruf wie viele andere Tätigkeiten, die mit Menschen zu tun haben. Zuvor war ich im Treuhandbereich, das war auch interessant – und manchmal bei gewissen Kunden auch mit sozialen Aspekten verbunden.
René Regenass – 29. April 2016

Zur Person
Paolo Hendry (51) ist im Bündnerland aufgewachsen. Nach der kaufmännischen Grundausbildung und einigen Jahren Arbeit im Treuhandbereich, wechselte er 1990 in die Zentralschweiz, wo er sich an der Fachhochschule zum Sozialarbeiter ausbilden liess. Im Drop-in Luzern wirkte er bei Aufbau und Umsetzung der heroingestützten Behandlung mit. Ab 2005 arbeitete er im Stab der Sozialdirektion. Die fachlichen Kompetenzen erwarb er sich im Qualitätsmanagement und in der Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung. Paolo Hendry ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt in der Stadt Luzern.