Pestizid-Drohnen – Nein danke!

Von Meinrad Buholzer

Wenn ich von den Plänen für den Einsatz von Drohnen höre, wird mir mulmig; und dabei denke ich noch nicht mal an militärische Einsätze. Ein pausenloses Fliegen, rush hours über unseren Köpfen, ein unablässiges Surren, das sich zum Lärm addiert; abgesehen von der (Über-) Nutzung eines der letzten Freiräume, die uns geblieben sind (dabei kommt mir ein Denker in den Sinn, dessen Name ich vergessen habe, der schon im 19. Jahrhundert die Parzellierung des Himmels und den Verkauf an die Meistbietenden vorschlug). Doch wenn ich Glück habe, werde ich die grossen Exzesse der Erschliessung neuer Verkehrswege am Himmel nicht mehr erleben – auch einer der Vorteile des Alters.

Kürzlich machte eine Meldung die Runde, wonach der aufgeschlossene und fortschrittliche Bauer künftig seine Pestizide per Drohne versprüht. Sie werde zum „unumgänglichen Partner der Landwirte“ habe ich gelesen. Da bekomme ich schon vorauseilende Kopfschmerzen. Bevor die Bauern in die dritte Dimension expandieren, sollen sie sich doch bitte bemühen, die zweite Dimension zu beherrschen. Obwohl das Problem seit Jahren „erkannt“ ist, trotz Sensibilisierungs- und anderen-Kampagnen sind Gewässerverschmutzungen durch die Landwirtschaft, vor allem durch Gülle, leider immer noch gang und gäbe. Allein im Kanton Luzern gab es im letzten Jahr 33 Fälle, deutlich mehr als im Vorjahr (nicht zu reden von der Dunkelziffer).

Grundsätzlich ist mir der Bauernstand sympathisch, aber diese Sympathie ist in letzter Zeit der Erosion ausgesetzt – zu den Gründen gehören die Güllen-Unfälle. Wenn ich mir nun vorstelle, dass ein Bauer, der beim Drohnen-Einführungskurs nicht gut aufgepasst hat, sein Gerät über Wiesen und Spazierwegen kreisen lässt, dann erfasst mich das Grauen. Das Szenario für die nächsten Jahrzehnte sehe ich schon voraus: Man versichert uns rund um die Uhr, dass das Problem „erkannt“ ist, dass die Schuldigen Besserung geloben; und im Jahresrhythmus lösen sich die vom Staat finanzierten Sensibilisierungs-Kampagnen ab, die die Eliminierung des Problems versprechen. Am Schluss werden die „wenigen“ Unfälle mit Pestizid-Drohnen, bei denen ein Bach voll Fische krepieren und ein paar nichtsahnende Spaziergänger einen Haarausfall und Schlimmeres kriegen, als „substanzielle Verbesserung der Situation“ deklariert. Und die ganz Einfachen werden uns vorbeten, wo gearbeitet werde, da würden halt auch Fehler gemacht…

An dieser Stelle wollte ich eigentlich noch auf den Urner Bauernverband eingehen, der eine Volksinitiative gegen Grossraubtiere – vor allem gegen den „grossen bösen Wolf“ - lanciert hat. Aber lassen wir das, wir wollen das Fuder nicht überladen… Stattdessen warte ich auf eine Initiative gegen den Tod von jährlich rund 4500 Schafen, die in der Schweiz verenden, weil sie – sich selbst überlassen beim Überweiden der Alpen – abstürzen oder weil ihre Krankheiten zu spät oder gar nicht entdeckt werden. Zum Vergleich: von Wölfen werden jährlich 150 bis 200 Tiere gerissen (und ihre Halter werden vom Bund entschädigt).

Zur Person
Meinrad Buholzer, Jahrgang 1947, aufgewachsen in Meggen und Kriens, arbeitete nach der Lehre als Verwaltungsangestellter auf Gemeindekanzleien, danach als freier Journalist für die Luzerner Neuesten Nachrichten LNN. 1975 bis 2012 leitete er die Regionalredaktion Zentralschweiz der Schweizerischen Depeschenagentur SDA. Einen Namen machte er sich auch als profunder journalistischer Kenner der Jazzszene. 2014 erschien sein Rückblick aufs Berufsleben unter dem Titel «Das Geschäft mit den Nachrichten - der verborgene Reiz des Agenturjournalismus» im Luzerner Verlag Pro Libro.