E-Bike or not E-Bike

Vor ein paar Tagen war ich mit meinem Partner auf einer Velotour im Emmental unterwegs. Diesmal entgegen unserer Gewohnheit ohne Picknick, denn wir hatten uns vorgenommen, im Garten einer dieser behäbigen Emmentaler Beizen zu Mittag zu essen. Während wir gemütlich der Emme entlang radelten, fiel der Blick hinauf auf die Moosegg, ein Ausflugsrestaurant mit wunderbarem Rundblick in die Berner Alpen. Wenn wir ein E-Bike hätten, könnten wir schnell dort hinauffahren und dort oben einkehren, ging es mir durch den Kopf. Überhaupt ertappe ich mich in letzter Zeit öfters beim Gedanken, wie es wäre, mit einem E-Bike unterwegs zu sein.   

Seit bald zwanzig Jahren machen wir jeden Sommer grössere Touren mit dem Velo und haben so schon viele europäische Flüsse mit ihren schönen Städten kennengelernt. Meistens sind wir mit einer Gruppe Gleichaltriger, dem so genannten Velogrüppli, unterwegs. In diesem Grüppli war es bis vor wenigen Jahren fast ein Tabu, sich solche Touren mit E-Bikes vorzustellen. Wenn wir von E-Bikern überholt wurden, warfen wir eher verächtliche Blicke auf deren mit Motoren und Batterien ausgestattete Vehikel und waren ziemlich stolz, es aus eigener Kraft zu schaffen. Wir waren uns einig, dass das für uns jetzt noch keine Option sei, schlossen aber nicht aus, dass es einmal in ferner Zukunft möglich sein könnte, selber per E-Bike auf Touren zu gehen.

In unserem Bekanntenkreis haben inzwischen einige E-Bikes angeschafft und sie erzählen uns mit grosser Begeisterung, wie beschwingt man damit mühelos Steigungen überwinde und dabei doch noch etwas für die Beweglichkeit und die Fitness mache. Diese verführerischen Schilderungen haben dazu geführt, dass ich mich ernsthaft mit der Anschaffung eines E-Bikes auseinanderzusetzen beginne. Dazu trägt auch bei, dass sich seit der Pensionierung und dem damit möglich gewordenen häufigeren Velofahren und Wandern das eine oder andere Zipperlein in den Gelenken bemerkbar macht.

Das Ganze muss aber gut überlegt sein. Nicht nur dass mir viele der klobigen E-Bikes immer noch nicht wirklich gefallen. Ein Blick in die Unfall Statistik zeigt auch, dass E-Biken für Seniorinnen und Senioren nicht ganz ungefährlich ist. Jeder zweite Verunfallte ist über 65-jährig. Ein Experte erklärte das kürzlich mal so: Diese Leute haben keine grosse Fahrroutine mehr und sitzen plötzlich auf einem schnelleren Gefährt, das Unfallrisiko steigt.“

Das Argument mit der fehlenden Fahrroutine würde zum jetzigen Zeitpunkt in meinem Fall nicht stimmen. Die Frage ist deshalb berechtigt, ob man nicht schon rechtzeitig umsteigen soll, wenn die Routine noch vorhanden ist oder ob man warten soll, bis es ohne Motor bergauf einfach wirklich nicht mehr geht.

Cécile Bühlmann, 18. Juni 2016

 

Zur Person

Cécile Bühlmann, geboren und aufgewachsen in Sempach, war zuerst als Lehrerin, dann als Beauftragte und als Dozentin für Interkulturelle Pädagogik beim Luzerner Bildungsdepartement und an der Pädagogischen Hochschule Luzern tätig. Von 1991 bis 2005 war sie Nationalrätin der Grünen, 12 Jahre davon Präsidentin der Grünen Fraktion. Von 2005 bis 2013 leitete sie den cfd, eine feministische Friedensorganisation, die sich für Frauenrechte und für das Empowerment von Frauen stark macht. Seit 2006 ist sie Stiftungsratspräsidentin von Greenpeace Schweiz und Vizepräsidentin der Gesellschaft Minderheiten Schweiz GMS. Seit anfangs 2014 ist sie pensioniert und lebt in Luzern.