„Falten": Filmgeschichten, die das Leben schrieb

Mit Silvia Häselbarth sprach Hans Beat Achermann

Die Luzernerin Silvia Häselbarth hat nach ihrem erfolgreichen ersten Dokumentarfilm „Drei Brüder à la carte" jetzt das Älterwerden thematisiert: Im Film „Falten", der ab dem 12. Mai im Bourbaki läuft, erzählen drei Frauen und zwei Männer – alle mit Luzern-Bezug – aus ihrem Leben.

Silvia Häselbarth, Sie feierten vor wenigen Tagen ihren 50. Geburtstag. Ist das schon der Zeitpunkt, einen Film über Falten zu machen?
Ja, 50 ist eine Wende und dann kommt hinzu, dass meine Eltern zwischen 70 und 80 Jahre alt sind und mich ihr Altern beschäftigt. Und das hat mich bewogen, diesen Film zu drehen. Zudem interessieren mich Menschen und ihre Geschichten. Die Porträtierten haben alle ganz verschiedene Leben hinter sich, zum Teil haben sie noch den Krieg erlebt, sie verkörpern verschiedene Lebensentwürfe. Das hat mich fasziniert. Ich glaube und habe das auch von Zuschauerinnen und Zuschauern zu hören bekommen, dass man das echte Interesse der Filmcrew und die gute Beziehung zu den Porträtierten spürt, dass die Geschichten aus den Herzen kommen.

Sie sind halbtags Fahrlehrerin, halbtags Filmemacherin. Wie geht das zusammen?
Ich habe nach der Handelsschule und einem Jahr Kunstgewerbeschule die Ausbildung zur Fahrlehrerin gemacht –  und das ist gar nicht so weit weg vom Regieführen. Man muss die Menschen spüren, sich auf sie einlassen, um mit ihnen das Ziel zu erreichen. Aber eigentlich wollte ich schon mit 15 zum Film, war als Jugendliche schon kinobegeistert und habe dann auch verschiedene Ausbildungen in Audiovisueller Gestaltung und auch zur Kulturmanagerin gemacht. Jetzt bin ich am Morgen im Auto, bilde die Fahrschülerinnen und -schüler zu verantwortungsvollen und sicherheitsbewussten Verkehrsteilnehmern aus und am Nachmittag arbeite ich an meinen Filmprojekten. Beides mache ich nach wie vor mit Leidenschaft. Und am Mittag koche ich für meinen Sohn.

Wie sind Sie zu den Menschen gekommen, die Sie im Film porträtieren?
Ich habe sechs Leute aus dem Bekanntenkreis angefragt. Mit einer Ausnahme haben alle zugesagt. Und nach den Vorgesprächen habe ich die Drehvorlage erarbeitet. Der Film ist sehr strukturiert und in verschiedene Themenkreise aufgeteilt: Das Leben in der Gegenwart, die Vergangenheit, die Zukunft, die persönliche Bilanz, das Alter und der Tod. Und in einem Epilog verdichten alle nochmals ihr Leben.

Wie gross waren das Budget und der Zeitaufwand?
Wir haben 22 Tage lang gedreht mit je drei Stunden gefilmtem Material, voraus gingen etwa vier Monate Arbeit am Script, und dann dauerte der Schnitt ungefähr ein halbes Jahr. Das Budget betrug 220 000 Franken und setzt sich zusammen aus einem Beitrag des Schweizer Fernsehens, einer erfolgsabhängigen Finanzierung durch den Bund und von zwei Stiftungen. Von der Luzerner Kulturförderung bin ich enttäuscht: da habe ich eine Absage bekommen, obwohl ich ja mit meinem ersten Film bewiesen habe, dass ich die verschiedenen Rollen von der Regie über den Schnitt bis zur Produktion und zum Verleih erfolgreich unter einen Hut bringen kann. Aber genau das hat sie bemängelt. Da war kein Vertrauen vorhanden.

Was haben Sie für weitere Projekte?
Ich habe bereits ein Drehbuch geschrieben für einen Spielfilm mit dem Titel „Abgefahren", eine Geschichte von einem älteren Fahrlehrer mit einem dunklen Geheimnis. Da der finanzielle Aufwand für einen Spielfilm meine Möglichkeiten übersteigt, bin ich in Verhandlungen, damit eine grössere Produktionsfirma den Film realisiert. Dann würde ich gerne einen Dokumentarfilm über Männer machen, denn die sind mir immer noch ein Rätsel, dem ich filmisch nachgehen möchte.

Wie stehen Sie zu Ihren eigenen Falten?
Ich spüre, dass 50 schon ein „Change" ist. Aber ich möchte gerne alt werden, Jahr für Jahr nehmen und weitere Filmprojekte realisieren. Vorerst freue ich mich über die gelungene Luzerner Premiere und den Filmstart am 12. Mai.

4.5.2016