Mit Herzblut für Kunst und Kultur

Von Marietherese Schwegler

In einem Innenhof der Hirschmattstrasse treffen sich rund ein Dutzend Mitglieder des Forums Luzern60plus mit Judith Christen und Verena Omlin von der Abteilung Kultur der Stadt Luzern. Auf dem Programm steht ein Rundgang durch die Kulturszene, mit Fokus auf einige Institutionen, die auf Initiative von freien Kultur- und Kunstschaffenden entstanden sind.

Wie zum Beispiel die Alpineum Produzentengalerie, erster Ortstermin der kulturaffinen Gruppe in eben diesem Innenhof. Aktuelle Installation: Krrrkk, ein schwarzer, brüchiger und mehrfach eingebrochener doppelter Boden von Claudia Kübler, auf dem wir unsicher herumstolpern. Seit 2007 tragen rund zwölf KünstlerInnen gemeinsam die Alpineum Produzentengalerie, eine „Alternative zum konventionellen Galeriensystem“, erklärt uns Andri Stadler, einer der Produzenten. Sie zeigen hier eigene Werke, laden andere Kunstschaffende ein und pflegen den Austausch mit der Kunstszene, auch mit dem Auftritt an internationalen Kunstmessen. Qualität steht vor Verkäuflichkeit. Also ist die Produzentengalerie auf private und öffentliche Förderung angewiesen. Für ihre Tätigkeit hat sie 2011 den Anerkennungspreis Kultur der Stadt Luzern erhalten.

Einen Katzensprung davon entfernt liegt die Loge an der Moosstrasse. Die Mini-Lesebühne mit Minipublikumsraum und Bar ist gleichzeitig der grosse Treffpunkt der Spoken Word Szene der Schweiz und darüber hinaus. André Schürmann, einer der Betreiber, ist stolz auf das Kult gewordene Lokal, das heuer 11 Jahre alt wird, mit seiner Patina aber ganz schön alt wirkt. Und für das Jubiläumsprogramm natürlich selber nicht genug Platz hat; Auftritte sind deshalb auch im Kleintheater, in der Seebadi oder im Kunstmuseum geplant. Die Loge-Betreiber organisieren jährlich gegen 70 Events, erwirtschaften ferner mit Vermieten des Lokals etwas Eigenmittel." Aber ohne Beitrag des FUKA-Fonds und anderer Förderer gäbe es uns nicht“, meint André Schürmann.

Nächste Station ist das sic! Elephanthouse, ein Ausstellungsraum in einer ehemaligen Garage an der Neustadtstrasse (ein Satellit des sic! Raum für Kunst an der Sälistrasse). Ambitionierte junge Kunst von regionalen, nationalen und internationalen Kunstschaffenden findet hier statt. Aktuell (bis 25.4.) sind die weissen Wände voller rotziger handschriftlicher Kommentare des St. Gallers Beni Bischof, z.B. „Lieber vom Leben gezeichnet als von Rolf Knie gemalt.“ Und via Internet und einem in der Ausstellung stehenden Drucker bleibt er jederzeit in Kontakt mit dem Publikum. Im Mai folgt dann ein völlig anderes Werk, jenes des Luzerner Künstlers Peter Roesch. Auch im sic! Raum für Kunst arbeitet das engagierte Team ehrenamtlich, neben Teilzeitjobs andernorts. Und auch dieser nicht-profitorientierte Kunst-Ort kann nur mit Beiträgen der Stadt Luzern, der Regionalkonferenz Kultur und von Stiftungen überleben.

Im Neubad, dem Schlusspunkt unseres Rundgangs, beeindrucken Nutzungsvielfalt und räumliche Grösse. Doch bis die Zwischennutzung des alten Hallenbads Biregg möglich wurde, brauchte es einiges. Für den Umbau, z.B. Brandschutz und Notausgänge, musste eine halbe Million Franken aufgetrieben werden; öffentlichen Gelder waren – und sind auch heute – nicht verfügbar. Dafür umso mehr „Rettungsschwimmer“, die allein für den Umbau rund 8000 Stunden unbezahlte Arbeit investierten, berichtet Alex Willener, der uns durch das Neubad führt und im Trägerverein für Fundraising zuständig ist.

Heute macht dieser Betonbau aus den 60er-Jahren vieles möglich: Da gibt es Veranstaltungen aller Art: Konzerte (selbst das Forum Neue Musik ist angetan von der guten Akustik), Ausstellungen, Kino, Flohmarkt, Feste im Pool, Seminare. Wichtiger Pfeiler sind Co-Arbeitsplätze und Ateliers, die von der Kreativwirtschaft genutzt werden: „So arbeiten bei uns Fotografen, ein Interaction Designer, Seniorinnen und Senioren, Filmemachende, Grafiker, Architektinnen, Startups, ein Musiker, Kinder- und Jugendorganisationen, eine Texterin, Startups, NGOs, eine Biologin, eine Human Resource Beraterin, Kunstschaffende usw.“, steht auf der Website. Und immer sorgt das grosszügige öffentliche Bistro für Verpflegung und Kontakte. Noch vor kurzem schien das kreative Projekt aus Finanznot gefährdet, als der Lotteriefonds seinen Betrag strich. Doch inzwischen sind die engagierten Betreiber wieder optimistisch für die nächste Zukunft, dank erfolgreicher Spendenaktion. Gönnerinnen, Sponsoren und Vereinsmitglieder sind aber nach wie vor gesucht.

Städtische Kulturförderung
Im Bistro des Neubads stehen uns anschliessend an den Rundgang Judith Christen und Verena Omlin von der Abteilung Kultur der Stadt Luzern Red und Antwort. Bei so viel Eigeninitiative, kreativem Geist und Gratisarbeit: Wie kann die Stadt Luzern die unglaublich aktive Kulturszene fördern? fragt man. Die Kulturstadt ist stark finanziell engagiert, doch der Löwenanteil der Mittel fliesst als gebundene Beiträge in die grossen Kulturbetriebe. Die nicht etablierte Kultur erhält primär kleinere Unterstützungsbeiträge aus dem FUKA-Fonds, die Kommission hat jährlich fünf bis sechs Millionen Franken zu vergeben.

Eine andere Art der Unterstützung bietet die IG Kultur, die als Dachverband der Kulturorganisationen rund 200 Mitglieder aus der Zentralschweiz umfasst. Und damit die ganze Bandbreite der Kultur vertritt, vom Fumetto bis zur Feldmusik, vom Jazz Club bis zum Kunstmuseum, die Grossen und die Kleinen, die Etablierten und die Schrägen. Edina Kurjakovic, die ambitionierte Geschäftsleiterin der IG Kultur, betreibt Kulturförderung zwar nicht mit Geld, aber mit andern Mitteln: mit Beratung der Kulturschaffenden, mit kulturpolitischer Interessenvertretung und Lobbying, mit Vernetzung und grossem persönlichem Einsatz.

Innovative Kulturstadt
Kulturstadt Luzern – das Label steht nicht nur für die Grossen, das Lucerne Festival, das Luzerner Theater oder das Kunstmuseum. Luzern wird zur innovativen Kulturstadt erst dank der zahlreichen KulturtäterInnen mit ihren Initiativen, dank der vielen Ermöglicher und Unterstützerinnen von Projekten, die mit Herzblut für ihre Sache einstehen.
2. April 2015