Bücher aus zweiter Hand: Ottilia Lütolf und Markus Elsener im Buchladen. 

Bücherparadies im Himmelrich

Was tun, wenn die Chance, seinen Lebenstraum zu erfüllen, zu früh kommt? Man packt sie. Genau das tat Markus Elsener. Er gründete «Terranova» und zog im Himmelrich ein.

Von Barbara Stöckli (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)

Bücher aus zweiter Hand. Diese Idee war für Markus Elsener ein Pensionierungsprojekt. Als in der Überbauung Himmelrich ein kleiner Raum frei war und die Bedingungen stimmten, griff er zu und verordnete sich nicht gleich die Rente, reduzierte jedoch sein Pensum als Englisch- und Spanischlehrer an der Kantonsschule Reussbühl. Doch mit der Idee allein ist es nicht getan. Für die Umsetzung braucht es Unterstützung. Ottilia Lütolf, Elseners Partnerin, wollte ursprünglich mit seinem Projekt nichts zu tun haben. Inzwischen hat die begeisterte Leserin ihre eigene Kundschaft. Oft, wenn sie den Laden hütet, kommen bei der Ärztin, die vor vier Jahren ihre Praxis aufgab, ehemalige Patientinnen und Patienten vorbei, kaufen nicht nur ein Buch, sondern holen sich auch medizinischen Rat.

Ein einfaches Konzept
40 Quadratmeter, eine Küchenzeile, eine Toilette, ein Tisch, ein Sessel und die Wände voller Bücherregale. Doch was ist das nun? Eine Bibliothek? Ein Leseraum? Ein Broki? Egal. Der Raum hat Atmosphäre und strahlt Ruhe aus. Das Sortiment ist exklusiv. Die Platzzahl begrenzt. Das Konzept einfach. Kommt etwas rein, muss anderes raus. Dafür stehen zwei grosse Taschen fürs Entsorgen bereit. Tasche eins geht ins Bücherbroki, Tasche zwei zum Ökihof. Was sicher bleibt, ist eine ganze Bananenschachtel voller Diogenes Taschenkrimis, die gerade geliefert worden ist. Die Gelben mit dem schwarzen Rand. Highsmith, Ambler, Chandler, Francis. Im Handel ist die Serie vergriffen. Oder Kochbücher einer spanischen Beiz auf Spanisch, Deutsch und Katalanisch. Auch so ein Zufallsgriff, weil die Besitzerin ihr Restaurant aufgegeben hat, die Bücher aber nicht wegwerfen wollte. Oder es rufen Kinder an, die das Haus der Eltern räumen und einen sinnvollen Platz für deren Bibliothek suchen. Die Bücher kommen gratis rein und werden günstig weiterverkauft. «Trotzdem legen wir drauf», sagt Elsener. Und doch: «Es gibt uns noch», ergänzt Lütolf. «Wir haben im März 2020 eröffnet, mit Spezialbewilligung, und mussten seither dreimal auf- und wieder zumachen.»

Mehr Platz in der Wohnung
«Der Grundstock kommt aus meiner privaten Bibliothek», sagt Elsener. Mit dem Effekt, dass zuhause jetzt wenigstens das Schlafzimmer bücherfrei sei, meint Lütolf. Eigentlich wollte er, der Spanischlehrer, ein rein spanisches Sortiment, denn «soweit ich weiss, gibt es das so nicht in der Schweiz.» Auf Zuraten seines Umfelds erweiterte er das Angebot mit deutscher und englischer Literatur und mit Krimis. Vertreten ist zudem das Programm des Rotpunktverlages und die zweisprachigen Kinderbücher von Baobab Books. «Kinderbücher waren nicht geplant», sagt Lütolf. «Doch hier im Hof sind viele Kinder und die kommen gerne vorbei, drücken sich in eine Ecke oder in den grossen Sessel, lesen oder schauen Bücher an.» Überhaupt ist es die Kundschaft, die sie schätzt, und die Begegnungen, die sich aus den Gesprächen ergeben. Eine Kundin findet während unseres Besuchs «Anneli» von Olga Meyer. Ein Buch, das sie seit Jahren suche. Hier findet sie es.

Projekt mit Zukunft
Was «Terranova» ausserhalb der Öffnungszeiten jetzt schon ist: Ein Raum für Büchernärrinnen, Jassbegeisterte, Vorstandssitzende. Oder Übungsraum eines Akkordeonisten, der hier demnächst ein erstes Konzert geben wird. Im Lebenstraum von Markus Elsener ist Platz für weitere Ideen. Sprachkurse, Bücher mit Wein kombinieren, Veranstaltungen. Schöne Aussichten für etwas, das einst ein Pensionierungsprojekt war.

28. Februar 2022 – barbara.stoeckli@luzern60plus.ch

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