Die pensionierte Luzerner Frauenärztin Ursula Achermann-Bieri hat zusammen mit drei Fachpersonen in der Zentralschweiz die Mediation in Alters- und Generationenfragen aufgebaut.

Konflikte im Alter klären

Eine spezialisierte Mediation kann zu einem friedvollen letzten Lebensabschnitt beitragen. Ursula Achermann ist Altersmediatorin.Von Monika Fischer (Text und Bild)

Während ihrer 35 Jahre dauernden Arbeitstätigkeit als Frauenärztin in Luzern erfuhr Ursula Achermann immer wieder, wie wichtig es bei einem scheinbar unlösbaren Konflikt sein kann, die Situation mit einer neutralen Fachperson zu besprechen. Neben Ausbildungen in Psychosomatik liess sie sich deshalb auch zur Mediatorin ausbilden. Die 72-Jährige beschreibt die Mediation als Methode zur Konfliktbeilegung, in der eine neutrale Dritte auf freiwilliger Basis zwischen zwei oder mehr Parteien vermittelt und sie darin unterstützt, gemeinsam eine interessengerechte Lösung zu erarbeiten. 

Sie erklärt den Ablauf einer Mediation: Auf einem Flipchart werden die Problempunkte aufgelistet, die unterschiedlichen Bedürfnisse, Wünsche und Befürchtungen jeder Partei aufgeschrieben. Im Gespräch achtet sie darauf, alle zu Wort kommen zu lassen, wobei auch Aggressionen und andere Emotionen Platz finden. Dies ermöglicht für die beteiligten Personen einen Perspektivenwechsel.

«Es ist immer ein ressourcenorientierter Prozess, um eine konstruktive Lösung zu finden, die für alle stimmt. Damit sind gute Beziehungen auch in Zukunft möglich.» Dies veranschaulicht sie mit dem Beispiel von zwei Schwestern, die sich für ihren Kuchen um eine Orange streiten. Im begleiteten Gespräch stellt sich heraus, dass eine die Schale, die andere den Saft braucht: eine Lösung, die für beide stimmt.  

Aktiv und selbstbestimmt im Alter
Während ihrer Weiterbildung in Alters-Mediation wurde es Ursula Achermann bewusst, dass sich mit zunehmendem Alter für die Betroffenen, ihre Partner und Angehörige vielseitige neue Fragen und Probleme stellen, welche die Beziehung und Lebensqualität belasten können. Angefangen vom Übergang in die nachberufliche Situation, die Neuaufteilung von Aufgaben und Rollen im Alltag, dem Umgang mit körperlichen Veränderungen betreffen dies auch Tabuthemen wie Autofahren, Bevormundung, Demenz, Erbschaft und Finanzen bis hin zu Krisensituationen durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Tod und Trauer.

Die Partner können zum Beispiel unterschiedliche Meinungen zum selbstbestimmten Lebensende haben, oder Geschwister sind sich uneins, ob die betagte Mutter oder der hochaltrige Vater weiterhin mit ihrer Unterstützung daheim wohnen kann oder ob ein Eintritt in eine Institution angebracht ist. «Oft sind es emotionale Themen. Nicht selten wird ein Konflikt durch Missverständnisse oder wegen unverarbeiteter Verletzungen aus der Vergangenheit ausgelöst», sagt Ursula Achermann. 

Ausgehend von der Dachgruppe Deutschland–Österreich–Schweiz hat sich in Bern bereits eine aktive Gruppe mit dem Angebot in Alters-Mediation gebildet. Dies möchte Ursula Achermann mit drei weiteren Fachfrauen auch in der Zentralschweiz anbieten.

Private Ergänzung zur UBA 
Als freiwillige Mitarbeiterin der UBA, der Unabhängigen Beschwerdestelle Alter Zentralschweiz, kennt sie die Konflikte, die im Alter in Partnerschaft, Familie oder im Zusammenhang mit Institutionen auftreten können. Das Angebot der Alters-Mediation bezeichnet sie als Ergänzung zur UBA, die sich wie folgt unterscheiden: Die UBA ist eine offizielle Stelle, ein Verein, bei der das Wohl der betroffenen Person (über 60 Jahre alt) im Vordergrund steht. Die Anmeldung läuft über die Zentrale in Zürich, die Klienten und Klientinnen wissen nicht, wer ihnen für die Beratung zugeteilt wird.

Im Gegensatz dazu ist die Alters-Mediation ein privates Angebot, bei der die neutrale Fachperson selbst gewählt wird und das Ziel hat, gemeinsam einen Weg zu finden, der für alle am Konflikt beteiligten Personen stimmt. Dies hat allerdings seinen Preis gemäss den Tarifen der Fachpersonen, während die Beratungen bei der UBA unentgeltlich sind.

14. Dezember 2023 – monika.fischer@luzern60plus.ch