Yvonne Portmann, Mitorganisatorin von «Bruchweihnachten», in ihrem Atelierladen an der Bruchstrasse. Bild: Margeritha Delussu 

Kreieren, dekorieren, organisieren

Grafikerin Yvonne Portmann ist für das Erscheinungsbild und das Fundraising der «Bruchweihnachten» verantwortlich. Die Stadt zeichnete die Organisatorinnen unlängst für ihr Engagement im Bruch-Quartier aus.Von Hans Beat Achermann

Auf dem Tisch in ihrem Lädeli an der Bruchstrasse liegen grosse Nummernschilder, daneben die runden Riesenkleber mit dem Steinbock-Sujet. Es sind nur noch wenige Tage, bis Ende November «Bruchweihnachten» stattfindet, zum 14. Mal.

Und dieses Jahr ist der Anlass ein besonders freudiger: Eben hat die Stadt Luzern den «Anerkennungspreis Quartierleben» an das Organisationskomitee von «Bruchweihnachten» übergeben. Im Wasserturm durften Iris Polin und Yvonne Portmann den Scheck über 5000 Franken entgegennehmen. Für die Mittelbeschaffung, den Auftritt und damit das Erscheinungsbild von «Bruchweihnachten», an der mittlerweile über 30 Läden, Werkstätten und Organisationen mitmachen, ist die 59-jährige Yvonne Portmann zuständig.

Immer wieder Mittagstische
Im Schaufenster des Ladens, der auch das Atelier von «portmanngrafik» ist, sind schön gestaltete und dekorative Adventskalender sowie Agenden ausgestellt. Für die drei Tage dauernden «Bruchweihnachten» weichen diese dann einem Haufen Steine, die Teil eines Wettbewerbs sind.

Mit Schaufenstern fing ihre Berufskarriere an: Beim alteingesessenen Luzerner Modehaus De Boeur lernte sie nach der Sek Dekorateurin, eher aus Zufall, da sie über einen Bekannten dort schnuppern konnte. Prompt erhielt sie die Lehrstelle. «Auch im weiteren Leben hatte ich viel Glück», blickt Portmann zurück, «sei es mit Wohnungen oder auch mit meinen Ateliers».

Aufgewachsen ist Portmann zusammen mit zwei Geschwistern an der Fluhmattstrasse. Die Eltern trennten sich, als sie zehn war. Eine Konstante aber blieb: der Mittagstisch, meist bei der Mutter, später organisierte ihr Vater Tschuli Mittagstische für Freunde und Familie, sie selber organisierte Mittagstische und jetzt arbeitet Yvonne neben ihrer Arbeit im Atelier als Betreuerin beim Mittagstisch im Säli-Schulhaus. 

Zeitungen ausgetragen und WCs geputzt
Dekorieren blieb eine Passion, auch nach der Lehre beim Globus in Zürich: «Ich hatte immer ein Flair für schöne Sachen und fürs Gestalten.» Nach ein paar Jahren bewarb sie sich erfolgreich an der damaligen Kunstgewerbeschule für den Vorkurs, besuchte anschliessend die Abteilung Illustration an der Höheren Fachschule für Gestaltung (HFG). «Die Ausbildung verdiente ich mit WC-Putzen und Servieren im ‹Magdi› an der Eisengasse», erinnert sie sich. Auch Zeitungen austragen und Mitarbeit im Frauenhaus trugen zum Lebensunterhalt bei.

«Damals dachte ich noch, dass ich nie einen Computer brauchen würde für grafische und illustrative Arbeiten», lacht sie. Der grosse Bildschirm und der Laptop im Atelierladen haben natürlich schon lange den Stift ergänzt und den Irrtum widerlegt. Gleich nach dem Abschluss kamen erste Aufträge, ein allererster für das Restaurant Schiff an der Reuss, dann für den «Kulturkalender».

Es folgte mit einer Freundin zusammen die Gründung einer eigenen kleinen Agentur namens «Starfish & Coffee». Doch nach der Geburt ihres Sohnes 1999 brauchte sie mehr Flexibilität. Mit ihrem Partner und jetzigen Mann, einem Fotografen, teilte sie Haus-, Erwerbs- und Erziehungsarbeit. Sie machte sich selbständig und blieb es bis heute.

Alle Träume verwirklicht
Dank eines guten Netzwerks gab es immer kleinere und grössere Aufträge für grafische Arbeiten. «Wir lebten zeitweise von der Hand in den Mund, aber wir konnten unsere Träume ausleben.» Ein weiterer Traum erfüllte sich, als sie an der Bruchstrasse das kleine Ladenlokal mieten konnte, das auch ihr Atelier wurde. Dort verkauft sie jetzt viele schöne Sächeli und Schächteli, selbst gestaltete Postkarten, mit grafischen Mustern versehene Papiere, Schlüsselanhänger und viele weitere Geschenkartikel.

«Mit dem Laden und meinem Schaufenster konnte ich mir und meinen Arbeiten ein Gesicht verschaffen.» Auch wenn sich Präsenzzeit und Verkaufserlös eigentlich nicht lohnen, ist ihr der Laden als «Kommunikationszelle» wichtig geworden. Hier finden Gespräche statt, kurze Freundschaftsbesuche, ein schneller Austausch. Für Portmann, die sich selber als eher scheu und zurückhaltend bezeichnet, sind diese Begegnungen wichtig. «Ich habe entdeckt, dass ich eine gute Zuhörerin bin, dass ich Vertrauen schaffen kann», sagt sie.

Kleine schaffen Grosses
Eine soziale Ader hatte sie schon immer, aber parteipolitisch wollte sie sich nie engagieren. Statt in einer Partei zu politisieren, machte sie mit ein paar Frauen im «Häxekomitee» mit. Dieses übernahm im Winter am Sonntagabend den Service im Restaurant Magdalena und spendete den Erlös an eine bedürftige Institution oder an eine notleidende Alleinerzieherin. «Ich mag die kleinen Gesten.»

Bescheiden hat es auch mit «Bruchweihnachten» angefangen. Zuerst fand ein kleiner Weihnachtsmarkt statt, als Portmanns Atelier noch an der Gibraltarstrasse war. Im «Drei Könige» fand dann 2011 die Gründung der eigentlichen «Bruchweihnachten» statt mit einem losen OK. «Es ist schön zu sehen, wie viele Kleine zusammen etwas Grosses geschaffen haben und alle gegenseitig profitieren.» Inzwischen sind die drei Tage «Bruchweihnachten» am letzten November-Wochenende weit über das Bruch-Quartier hinaus zum Begegnungsort geworden, abseits des grossen Konsumrummels.

Die Auszeichnung hat den Organisierenden einen Motivationsschub fürs Weitermachen gebracht. Das eTuk-Tuk wird auch nächstes Jahr wieder drei Tage in der Bruch-, der Gibraltar-, der Klosterstrasse und bis zum Sentitreff unterwegs sein.  Und Yvonne Portmann bleibt über Weihnachten hinaus so etwas wie die «Quartierseele», als die sie auch schon bezeichnet wurde. 

21. November 2025 – hansbeat.achermann@luzern60plus.ch