Corona im Alltag (5)

Vereinzelter Löwenzahn

Von Erika Frey Timillero (Text und Bild)

Corona hat mich fest im Griff. Bis vor kurzem sah ich mir auf SRF 1 jeden Abend die Tagesschau und die Sondersendungen an, oft auch auf Rai 2, und las täglich die Berichte in der Zeitung, nicht nur über die Lage in der Schweiz, sondern auch über das Leid und die Not in Norditalien, wo ich längere Zeit gelebt habe. Mit Rücksicht auf meine Gemütsverfassung beschränke ich mich jetzt auf das morgendliche Lesen der Zeitung, um die oft schwer verdaulichen Berichte nicht mit in den Schlaf zu nehmen.

Zur Erholung gehe ich im Bireggwald spazieren, der zweihundert Meter hinter meinem Haus beginnt. Ich versuche, mich nicht an den immer noch weitherum sichtbaren Wunden zu stören, die der Sturm Burglind letzten Sommer geschlagen hat. Im Vergleich zu den Verheerungen durch Corona sind sie unbedeutend. Immerhin kann ich im Gegensatz zu meinen italienischen Freunden, die seit Wochen in den Häusern eingesperrt sind, ins Freie gehen und das Erwachen der Natur erleben. Im Wald ist vom Frühling allerdings noch wenig zu sehen, nur da und dort ein paar Buschwindröschen, ein vereinzelter Löwenzahn.

Wie jede Krise hat gewiss auch diese ihre positiven Seiten: Solidarität ist zu spüren, an der Haustür klebt ein A4-Blatt, die Jugendvereine der Pfarreien bieten an, für die Senioren einzukaufen. 

In der Klause

Das soziale Leben wird jetzt per Telefon und kaum mehr durch Begegnungen gepflegt, man ruft sich an, fragt nach dem Befinden in der Klause und tauscht sich aus. Das ist für Menschen wie mich, die alleine wohnen, wichtig.

Selbst Kultur findet statt, wenn auch nur im Netz: auf der Website des Luzerner Sinfonieorchesters in Form von Videos mit Darbietungen der Musiker von zu Hause aus. Als Filmliebhaberin freue ich mich besonders über die Streaming-Angebote vom Kino Bourbaki und Stattkino. Doch die bange Frage bleibt: Was kommt noch auf uns zu? Das Pflegepersonal in den Spitälern leistet jetzt schon Überstunden bis zur Erschöpfung. 

Meine Besorgnis wächst. Ich hoffe, sie schlägt nicht in Angst um.

28.03.2020