Zeit, um mit dem Familienalbum Erinnerungen aufleben zu lassen.

Corona im Alltag (8)

Weisch no? Grüsse aus dem Fotoalbum

Von Eva Holz (Text und Bild)

In gewissen Dingen bin ich altmodisch. Ich klebe noch heute 10x15cm-Papierfotos auf weisse Fotokartons und reihe diese, mit Datum und kurzen Bemerkungen versehen, in bunte Aktenordner ein. 30 davon stehen mittlerweile prall gefüllt  im Regal. Seit der Geburt unseres älteren Sohnes 1989 halte ich unser Familien-, Freundes- und Ferienleben in Form einer fortlaufenden Fotoreportage fest. Zugegeben: Die von mir geschossenen Schnappschüsse widerspiegeln ein fast ausnahmslos frohes Dasein. Zwar fanden die frisch genähte Wunde an der Stirn des Zweijährigen oder die Enttäuschung ob des falschen Weihnachtsgeschenkes im Gesicht des Fünfjährigen auch Eingang in die Chronologie, aber im Kreis der Nächsten knipst man doch mit Vorliebe dann, wenn’s gemütlich zu und hergeht.

Und was hat das mit der Corona-Krise zu tun? Sie bietet die Musse, mich endlich mal ausgiebig in diese Alben zu vertiefen. Anders als am Bildschirm schnell durch das Vergangene zu scrollen, fordert die Rückschau auf Papier nebst mehr Zeit auch einen gewissen körperlichen Einsatz: die schweren Ordner aus der Versenkung im Regal hieven, sie auf dem Esstisch ausbreiten, die Klammern im Innern lösen und dann Seite für Seite achtsam umblättern. Doch dieser Mehraufwand sowie das minutiöse Einkleben und Beschriften zuvor tragen Früchte. Vieles der letzten drei Jahrzehnte lebt beim gemächlichen Betrachten wieder auf  – lustige familiäre Situationen, Naturschönheiten auf Reisen und natürlich all die Momente im Freundeskreis, die teils in Vor-Internetzeiten zurückreichen. 

Wer hat nicht Spass daran, sich auf einem Foto im köstlichen Look von damals überraschend wiederzusehen? Jetzt, da wir uns nicht mehr zum Essen oder Ausgehen treffen dürfen, sorgt ein per Handy geknipster Erinnerungsgruss aus dem Fotoalbum für eine kleine Freude im Corona-Alltag. Ich hab‘s mehrfach ausprobiert und es hat funktioniert - per whatsapp.  Da bin ich doch wieder ganz à jour.  Machen Sie es nach! (Es kann auch aus der Fotosammlung auf Ihrem PC-Ordner sein…)

 

Eva Holz* (1959*), aufgewachsen und wohnhaft in Luzern. Sie besuchte die Ringier Journalistenschule und ist nach langjähriger Redaktionstätigkeit bei der LNN seit 1993 als freie Journalistin, Texterin und Autorin tätig. Sie schrieb u.a. eine Biografie von Roberto Niederer, Glasbläser und Retter der „Glasi“ Hergiswil und ist Mitherausgeberin und Co-Autorin der Porträtsammlung „Diese Urner“, herausgekommen im Limmat Verlag Zürich. Eva Holz ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.

30.03 2020