Rettete die Colonia Libera Italiana in seiner neuen Heimat vor der Schliessung: Ippazio Calabrese. Bild: Joseph Schmidiger

Zehn Fragen an ...
Ippazio Calabrese

Geboren ist er in Tiggiano im Salento, einem Dorf mit 2800 Seelen, darunter seit 17 Jahren auch Helen Mirren, die Oscar-Preisträgerin und Ehrenbürgerin. In jugendlichem Alter kam Ippazio Calabrese von Apulien nach Luzern. Nach verschiedenen Jobs stieg er bei einer grossen Krankenversicherung ein, wo der Vater von drei Kindern und begeisterte Fussballfan noch heute arbeitet. Im Jahr 2020 rettete er einen wichtigen historischen Verein vor der Schliessung: die Colonia Libera Italiana im BaBel-Quartier. Das Gebäude wurde mit Hilfe der Stadt renoviert und erblühte wieder zum Ort vielfältiger kultureller Veranstaltungen. Für ihn sei der Sentihof nun zu «seinem zweiten Zuhause» geworden, sagt Ippazio Calabrese.

  1. Mit welchen drei Wörtern verbinden Sie Luzern?
    Mit Wasser, Bergen und einem besonderen Licht, das die Stadt einzigartig macht. Als Fussballfan darf der FC Luzern nicht fehlen, aber auch der mächtige Pilatus und ein starkes Gefühl von Heimat stehen für mich im Zentrum – ganz nach dem Motto «venni, viddi, restai». Geschichte, Kultur und Natur verbinden sich hier zu einer Atmosphäre, die tief berührt.


  2. Rigi oder Pilatus? Und warum?

    Ich entscheide mich für den Pilatus, weil er mit seiner dramatischen Silhouette und den abwechslungsreichen Wegen immer ein Gefühl von Spass, Charme und Abenteuer vermittelt. Von oben eröffnet sich ein Panorama, das Stadt, See und Berge eindrucksvoll verbindet und jeden Aufstieg mit einem Moment echter Weite belohnt. Hinzu kommt, dass der Moment des Triumphs nach stundenlangem Kampf, den Berg zu erklimmen, von einer atemberaubenden Stille und einer fast unbeschreiblichen Freude erfüllt ist. Es ist ein Augenblick der Unendlichkeit, der den Atem raubt und einem die Schönheit von Luzern in unmittelbarer Nähe erleben lässt.


  3. Wenn Sie könnten, was würden Sie in unserer Stadt verändern?
    Ich wünsche mir, dass Luzern noch mehr autofreie Zonen bekommt und die bestehenden Grünräume, in denen Begegnungen für alle selbstverständlich und barrierefrei möglich sind, noch lebendiger werden. Plätze für Kultur, spontanes Zusammensein und kreative Projekte könnten das Stadtleben noch stärker prägen und die Lebensqualität für alle erhöhen.
  4. Welches ist Ihr Lieblingsort in Luzern? Und warum?
    
Mein Lieblingsort ist die Seepromenade, weil dort Ruhe und Bewegung eine besondere Balance hergeben. Man kann dem Alltag für einen Moment entfliehen, dem Wasser zuhören und den Blick über Berge und Himmel schweifen lassen. Dieser Ort mit seinen romantischen Baumalleen schafft Raum für Erholung und Begegnung, die sonst keinen Platz finden.
  5. Mit welchem Menschen in Luzern würden Sie gerne einen Tag unterwegs sein?
    Ich würde gerne einen Tag mit einer Person aus Luzern verbringen, die die Stadt abseits der bekannten Wege erlebt – vielleicht jemand aus einem lebendigen Quartier. Durch solche Begegnungen entdeckt man Geschichten, verborgene Orte und neue Perspektiven, die eine Stadt erst richtig nahbar machen.
  6. Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an Ihren ersten Schulschatz denken?
    Ich erinnere mich an ein Gefühl von Unbeschwertheit und Neugier mit Marisa. Wir teilten einfache bedeutende Momente: Pausen voller Lachen, kleine Geheimnisse und erste Abenteuer. All das ist bis heute in mir lebendig geblieben.
  7. Warum ist Ihnen eine bestimmte Lehrperson so lange in Erinnerung geblieben?
    Weil sie nicht nur Wissen vermittelte, sondern mir echtes Vertrauen schenkte. Ihre Mischung aus Disziplin, fachlichem Können und der nötigen Strenge half mir, Unsicherheiten zu überwinden. Ihr Glaube an mein Potenzial hat meinen Weg nachhaltig geprägt.


  8. Warum reden alte Menschen so viel von früher?

    Weil Erinnerungen wie kostbare Anker wirken. Sie geben Halt in einer Welt, die sich ständig verändert. Vergangenes wird zu einem Schatz, den man immer wieder öffnen kann, um sich selbst besser zu verstehen und die Bedeutung des eigenen Lebens zu spüren. Diese persönlichen Erfahrungen helfen, Fehler nicht zu wiederholen, sondern daraus zu lernen und es besser zu machen.
  9. Was überrascht Sie am meisten an Ihrem jetzigen Leben?
    Am meisten überrascht mich, wie sehr kleine unscheinbare Entscheidungen meinen heutigen Lebensweg geprägt haben. Viele Entwicklungen erschienen zufällig, wurden aber entscheidend. Und aus Zweifeln, Umwegen und spontanen Chancen ist etwas entstanden, das wirklich trägt. Das hätte ich früher nie erwartet.


  10. Welche Abzweigung in Ihrem Leben hat Sie am meisten beeinflusst?
    Die wichtigste Abzweigung meines Lebens war die Entscheidung, meine Heimat Italien zu verlassen und in Luzern eine neue zu finden. Dieser Schritt erforderte Mut, weil ich alles Vertraute hinter mir liess. Doch gerade dieser Neuanfang hat mir gezeigt, wie viel Stärke entsteht, wenn man Unsicherheit akzeptiert und trotzdem entschlossen weitergeht.

24. November 2025 – max.schmid@luzern60plus.ch