Ludwig Hasler, wie er sich auf seiner Website zeigt. Bild: Screenshot.

Ausruhen? Bescheuert!

Wie das Älterwerden zu guter Laune führen kann, beschrieb der Philosoph und Publizist Ludwig Hasler an einem Anlass des Kantons Luzern und von Pro Senectute. Keine Kreuzfahrten samt Nichtstun, sondern lieber die Dorfbeiz samt Vieltun – so in etwa lautet sein Rezept.Von Sandra Baumeler

Die kantonale Dienststelle «Gesundheit und Sport» und Pro Senectute Kanton Luzern luden Fachleute am 19. Oktober 2023 zum sogenannten Kontakt- und Impulstreffen in Luzern ein, das heuer den Titel «Engagiert älter werden – für sich und andere» trug. Die Verantwortlichen hatten mit der Verpflichtung des Referenten Ludwig Hasler ein gutes Händchen: hüben wie drüben im Saal zustimmendes Nicken und viel Gelächter.

Der Philosoph, Physiker, Publizist, Autor und Redner Ludwig Hasler ist Anfang Oktober in sein 80. Lebensjahr eingetreten und wirkt trotz halber Lunge und zeitweilig ungesunder Lebensweise agil (vielleicht, weil er seine eigenen Ratschläge befolgt?). Apropos ungesund: «Waren Sie jemals krank, als Sie verliebt waren?», fragte er ins Publikum. Er gab die Antwort gleich selber: «Nein. Ich lebte zwar total ungesund, rauchte, trank – fühlte mich aber super.» Im Übrigen sei er überhaupt nicht der Typ im Sinne von «Hebid Sorg». Energie dosieren sei nicht sein Ding. «Was wirklich schlimm ist, ist, wenn nichts passiert.»

Das Kreuz mit den Kreuzfahrten
Mit seinen pointiert formulierten Aussagen, seinem Humor und seinen geschickt eingestreuten Bonmots schaffte es Hasler, das Thema «Alter und Älterwerden» so zu vermitteln, als dass sich wohl etliche Zuhörerinnen und Zuhörer den dritten Lebensabschnitt nach dieser Veranstaltung fast sehnlichst herbeisehnen dürften: kein «altruistisches Gesabbel» (Zitat Hasler, und um bei seinem Duktus zu bleiben: Solches und ähnliches Gesabbel geht im gewaltig auf den Sack), keine Fremdwörter wie «Salutogenese» (kleiner Seitenhieb auf eine Rendnerin des Kantons), keine Powerpoint-Präsentationen, sondern klare Worte in freier Rede, untermalt von Gestik und Mimik, die das Gesagte unterstrichen.

Seine Botschaft? Auf einer Kreuzfahrt wird niemand gebraucht, in Nachbars Garten indessen sehr wohl. Das Glück im Nichtstun – Stichwort Kreuzfahrt – höre spätestens nach zwei Jahren auf und ende womöglich im trunkenen Elend. Deswegen schüttelte er über die Kampagne «Spaziere, höckle, gnüsse», von der er in Zürich im Tram las, nur den Kopf.

Sein Plädoyer? Weitermachen, auch nach der Pensionierung, wie zum Beispiel jene drei 75-jährigen Freunde, die «ihre» Dorfbeiz wieder zum Leben erweckten. Weitermachen oder neu und anders beginnen zugunsten von Mitmenschen und für sich selber: «Mitmachen, etwas tun, sich nicht auf sich beziehen und jammern.» Das will Hasler durchaus auch politisch verstanden wissen. Aber bitte nicht für eine Seniorenliste kandidieren, sondern sich «in der Mitte der Jungen» platzieren.

Alte Kampfbiker? Nein, danke!
Mit Weitermachen meint er nicht die «Hektik auf dem Planeten Alter». Diese Alten, die auf Teufel komm raus noch etwas für ihr Ego erreichen müssen, diese «80-jährigen Kampfbiker» – ein Gräuel für Hasler. Mit Weitermachen meint er neben anderem zivilgesellschaftliches Engagement und den Willen, auch als alter Mensch nach Möglichkeit Akteur oder Akteurin «im kleinen Welttheater» zu sein.

Macht das glücklich, das Machen, das Engagement, das Mitwirken? Der Philosoph mag den Begriff «Glück» nicht so sehr. Er findet es vielmehr erstrebenswert, im besten Fall «guter Laune» zu sein. Und der «guten Laune» förderlich ist das Gefühl, nicht alleine zu sein, nicht in Vereinsamungsfallen zu tappen wie beispielsweise alleine zu wohnen, keine Überflüssigkeitsgefühle zu entwickeln, sondern Wertschätzung, Wärme und Freundlichkeit zu erfahren – kurzum: mit anderen Menschen zu interagieren. 

Im besten Fall sei das Engagement im Alter «so kräftig, dass es mich überlebt». Mitwirken an der Zukunft, auch wenn es nicht die eigene ist – um das gehts Hasler. Schliesslich pries er die Vergänglichkeit, denn letztlich sei alles egal, wenn man nicht stürbe. Oder anders formuliert (Zitat Hasler in einem anderen Zusammenhang): «Der Lebensabend dehnt sich aus zum Lebensnachmittag. Bald machen wir einen Drittel unseres Lebens Siesta. Klingt angenehm. In Wirklichkeit sind 25 Jahre Ausruhen eine bescheuerte Perspektive.»

PS: Ludwig Hasler hat einen Bestseller geschrieben: «Für ein Alter, das noch was vorhat», erhältlich zum Beispiel in der Hirschmatt-Buchhandlung.

21. Oktober 2023 – sandra.baumeler@luzern60plus.ch