"Alter bewegt" – Marktplatz 60plus mit viel Publikum

Von Marietherese Schwegler (Text) und Joseph Schmidiger (Bilder)

33 Organisationen – von der Alzheimervereinigung über die Musikschule bis zu Vicino Luzern – haben sich am 5. Marktplatz 60plus in der Kornschütte präsentiert und bei den Besucherinnen und Besuchern für freiwilliges Engagement geworben. Ehrenamtliche Arbeit, gleich welcher Art, ist für den zivilgesellschaftlichen Zusammenhang von unschätzbarem Wert. Und kann Herz und Hirn bewegen.

„Alter bewegt“ Das diesjährige Motto wurde im Lauf des Rahmenprogramms auf unterschiedlichste Art interpretiert. Am anschaulichsten dargestellt haben es rund 20 Frauen, die mit ihrer Performance auf dem Kornmarkt an diesem Tag vier Mal ein bunt gemischtes Publikum fanden. Da sassen sie zu Beginn in Bademänteln auf den Steinbänken entlang der Rathausmauer, in sich gekehrt und stumm. Meine spontane Deutung: depressive Bewohnerinnen eines Pflegeheims, die warten bis der Tag um ist. Doch dann ein paar Musikklänge, ein Kopf der sich hebt, ein Körper, der sich streckt, die erste Frau, die aufrecht auf den Platz marschiert, ihren Bademantel wegwirft und in bunter Alltagskleidung gekonnte Tanzsprünge aufs Kopfsteinpflaster legt. Bis es ihr nach und nach die ganze Gruppe gleichtut. Oh, erkannte ich da, Musik und Bewegung erweckt diese Alten sozusagen zu neuem Leben! Das Publikum spendete begeistert Beifall. Einstudiert in nicht mehr als acht Proben hat die choreographische Darbietung "Mer gönd!" der Tanzpädagoge Kurt Dreyer (zum Porträt). 

Bewegte Persönlichkeiten

Auf der Bühne in der Kornschütte traten stündlich Persönlichkeiten auf, interviewt von Mitgliedern der Arbeitsgruppe des Forums Luzern 60plus, die den Marktplatz organisiert hat. Als Erster stellte sich Didi Schmidle, Sportarzt, lange Jahre auch als Gefängnisarzt im Amt, den Fragen. Er hatte als junger Mann ein Jahr im Priesterseminar verbracht, traf in den 80er-Jahren den Dalai Lama persönlich und interessiert sich für die buddhistische Lehre. Nicht erstaunlich, dass er sich als Arzt auch gegenüber komplementärmedizinischen Methoden öffnete. Und heute alten Menschen nicht einfach Leistungsprogramme vorgeben will. „Regelmässig zehn Kilometer gehen kann sinnvoller sein, als im Alter noch einen Marathon laufen zu wollen“, sagte er. Das haben sicher manche aus dem Publikum gerne gehört.

Danach setzte sich die prominente Kulturmäzenin Carla Schwöbel (zum Porträt) auf die Bühne, gefolgt vom ETH-Wissenschaftler und geologischen Wanderer Roy Freemann (zum Porträt).

„Austeilen und Einstecken“

Die Karatemeisterin und Künstlerin Barbara Jäggi, die genau an diesem Tag den 61. Geburtstag feierte, ist vor einem Jahr ü50-Weltmeisterin geworden. Mit einer Karriere als Künstlerin und als Karatekämpferin hat sie das „Austeilen und Einstecken“ gelernt. Und dass sie nie aufzuhören gedenkt, nicht mit Karate und nicht mit Kunst, ist bestimmt eine gute Voraussetzung zum bewegt Altwerden.

Den ehemaligen SRF-Osteuropa-Korrespondent Peter Gysling kennen alle, z.B. aus der Tagesschau. Er lebt seit seiner Pensionierung in der Nähe von Luzern. Denn das Alter, berichtete er, wollte er nicht in Moskau verbringen, u.a. weil das Gesundheitswesen nicht dem Schweizer Standard entspreche. Aber hier muss der Neurentner erst lernen, auch mal Nein zu sagen; zu gerne ist er noch als Reiseleiter unterwegs, hält Vorträge und schreibt. Eben fertig geworden ist sein Buch „Andere Welten“, das an einer Veranstaltung am 1. Juni im stattkino vorgestellt wird. 

Die Filmemacherin Alice Schmid schliesslich berichtete, wie sie sich seit jeher von mystischen Dingen angezogen fühlte. In ihren Filmen treten oft Kinder als Hauptfiguren auf, zum Beispiel in „Das Mädchen vom Änziloch“ und in „Kinder vom Napf“. Als Alleinlebende ist Alice Schmid immer dran an der Arbeit, findet ihre Motive rund um die Welt, kommt zwischendurch in ihrem Haus in Romoos zur Ruhe.

Einen passenden thematischen Schlusspunkt fand die Interview-Reihe mit Kathleen McNurney, Tanzchefin des Luzerner Theaters (zum Porträt). Heute weniger Tänzerin als Managerin, präsentierte sie sich auf der Bühne der Kornschütte dennoch sehr beweglich, körperlich und geistig. Die gebürtige Amerikanerin lebt seit bald 30 Jahren in Luzern, hat aber einen weiten Horizont. Immer wieder gelingt es ihr, Künstlerinnen und Dramaturgen aus der ganzen Welt ans Luzerner Theater zu verpflichten. „Timeless“ ist nicht nur der Titel eines aktuellen Tanzabends, er passt, ergänzt mit „Ageless“, auch zur Person, die dafür verantwortlich ist.

Der Marktplatz 60plus ist eine Veranstaltung des Forums Luzern60plus, in Zusammenarbeit mit der Fachstelle für Altersfragen der Sozialdirektion der Stadt Luzern. Dieses Jahr hat er geschätzt rund 2000 BesucherInnen erreicht.

15. Mai 2017

Zur Fotogalerie