Was ist eigentlich eine Babyboomerin?

Von Cécile Bühlmann 

Bis vor zwei Wochen glaubte ich felsenfest daran, eine Babyboomerin zu sein. Bis ich an der Veranstaltung des Forums Luzern60plus vom Referenten Carlo Knöpfel hörte, dass Babyboomer die von Mitte 50er bis Mitte 60er Jahre Geborenen seien.

Die Frage liess mir keine Ruhe und ich konsultierte das Internet. In Wikipedia fand ich widersprüchliche Aussage darüber. Einmal hiess es, dass die zwischen 1946 und 1964 Geborenen Babyboomer seien, also war ich mit Jahrgang 1949 auch eine. Dann wieder las ich, dass nur die von 1955 bis 1964 Geborenen dazugehörten, ich war also wieder draussen!

Nach einem Vergleich unterschiedlicher Quellen, fasse ich zusammen, was ich dazu Interessantes gefunden habe. Als Babyboomer bezeichnet man generell die Gesamtheit der Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Pillenknick geboren wurde. Der Babyboom trat sowohl in den Gewinner- als auch in den Verliererstaaten des Zweiten Weltkriegs auf. Dauer, Zeitpunkt und Stärke dieses Phänomens variierten jedoch regional beträchtlich. In den USA dauerte der Babyboom von Mitte der 1940er bis Mitte der 1960er Jahre; in Westdeutschland begann er dagegen erst Mitte der 1950er und dauerte bis Mitte der 1960er Jahre. In Italien dauerte er lediglich vier Jahre, von 1946 bis 1949. Die Schweiz verzeichnete zwischen 1946 und 1968 über einen Zeitraum von 22 Jahren die höchsten Geburtenraten. Den Höhepunkt des Babybooms erreichte die Schweiz mit 110 000 Geburten anfangs der 60er Jahre. Er endete mit dem Pillenknick Mitte der 60er Jahre. Die Geburtenrate ging zurück und sank schließlich 1970 unter das Niveau von 1955; ab 1972 lag die Geburtenrate unter der Sterberate.

Obwohl die geburtenstarke Generation einen eindrücklichen demografischen Faktor darstellt, existieren über ihr Lebensgefühl und ihren Sozialisationstyp kaum Untersuchungen mit eindeutigen Ergebnissen. Demgegenüber findet sich in den Medien und in der Wirtschaft viel Spekulatives und Oberflächliches über die Babyboomer. So liest man, dass diese Generation in Friedens- und Wohlstandsperioden aufgewachsen, durch Autonomie in Denken, durch Kulturkonsum, Enttabuisierung der Sexualität und neue Lebensformen geprägt worden sei, dass sie Mode- und erfolgsorientiert und durch neue Lebensentwürfe und die Emanzipation der Frauen geprägt sei. Babyboomer erwarten ein selbstgestaltetes Alter, haben eine lange gesunde nachberufliche Phase, sind materiell gut abgesichert und anspruchsvoll. Sie seien also quasi mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden.

Babyboomer selber halten sich für friedvoller, verantwortungsbewusster, optimistischer, toleranter, fröhlicher, glücklicher, emanzipierter und autonomer als ihre Elterngeneration. Sie bilden die Rentnergeneration von Morgen, ab 2025 werden 70% der über 65jährigen pensionierte Babyboomer sein. 

Bin ich nun eine Babyboomerin oder nicht? Wie ich gezeigt habe, kommt es auf die Interpretation des Phänomens an. Statistisch mag ich vielleicht nicht mehr ganz dazugehören, soziologisch aber sehr wohl!

Übrigens spricht man heute bereits wieder von einem Babyboom. In der Schweiz haben 2014 rund 85'300 Kinder das Licht der Welt erblickt, so viele wie seit über 20 Jahren nicht mehr.  Im Vergleich zu den 110 000 Geburten in den 60er Jahren ist das zwar noch nicht viel, aber wer weiss….

Cécile Bühlmann, 9.Dezember 2016 

Zur Person

Cécile Bühlmann, geboren und aufgewachsen in Sempach, war zuerst als Lehrerin, dann als Beauftragte und als Dozentin für Interkulturelle Pädagogik beim Luzerner Bildungsdepartement und an der Pädagogischen Hochschule Luzern tätig. Von 1991 bis 2005 war sie Nationalrätin der Grünen, 12 Jahre davon Präsidentin der Grünen Fraktion. Von 2005 bis 2013 leitete sie den cfd, eine feministische Friedensorganisation, die sich für Frauenrechte und für das Empowerment von Frauen stark macht. Seit 2006 ist sie Stiftungsratspräsidentin von Greenpeace Schweiz und Vizepräsidentin der Gesellschaft Minderheiten Schweiz GMS. Seit anfangs 2014 ist sie pensioniert und lebt in Luzern.