Fast nur Kritik am kantonalen Pflegefinanzierungsgesetz

 Die Stadt Luzern befürchtet einen Qualitätsabbau in der Pflege, weil in dem vom Kanton neu vorgelegten Pflegefinanzierungsgesetz klare Qualitätskriterien fehlten. Negativ äusserten sich auch die Luzerner Heimleiter- und Heimleiterinnen-Konferenz und die Alzheimer-Vereinigung Luzern. Paul Otte, Leiter Pflegeheim  Steinhof, schreibt von einem unsozialen, unternehmerfeindlichen und bewohnerunfreundlichen Gesetz. Im kantonalen Gesundheits- und Sozialdepartement werden jetzt die Resultate der Vernehmlassung ausgewertet.

René Regenass – 4. August 2014

Die Revisionsvorlage des Kantons macht aus dem ursprünglichen Pflegefinanzierungsgesetz ein Betreuungs- und Pflegegesetz. Was schon im Titel zum Ausdruck kommt, widerspiegelt sich in den wesentlichen Änderungen: Der Kanton will sagen, was künftig im Pflegesektor geht. Für Pflegeheime soll es künftig eine kantonale Betriebsbewilligung brauchen. Um die Heime vergleichbarer zu machen, soll ihnen eine einheitliche Kostenrechnung vorgeschrieben und die Möglichkeit von Betriebsvergleichen geschaffen werden. Zudem werden Heime verpflichtet, künftig auch Taxen für Betreuung und Aufenthalt festzulegen.

Stadt vermisst Richtstellenplan
In der Stellungnahme des Luzerner Stadtrates heisst es, es sei ihm ein grosses Anliegen, dass für die Pflegeleistungen Qualitätskriterien festgelegt würden. Vermisst wird zum Beispiel ein Richtstellenplan, welcher festlegt, wie viel qualifiziertes Pflegepersonal für Pflegeleistungen eingesetzt werden muss. Nachteile sieht die Stadt Luzern für die Betagtenzentren, denen das neue Gesetz einen Autonomieverlust bringe. Neben der Festlegung von Maximaltarifen im Bereich der Pflege wolle der Kanton auch die Tarifansätze für Aufenthalt und Betreuung begrenzen. Trotz diesen Mängeln begrüsse die Stadt den Versuch zu einer Revision des Pflegefinanzierungsgesetzes, um die Kosten besser steuern zu können.

Mit der Gesetzesrevision könne der Aufwand der Gemeinden für die Restfinanzierung der Pflegekosten nicht gesenkt werden, stellt die Luzerner Heimleiter- und Heimleiterinnenkonferenz (LAK) in ihrer Vernehmlassung fest. In der Begründung heisst es dann, die Pflegeheime seien nicht in der Lage, die Kosten zu denken. „Ihr grösster Ausgabenposten zu Lasten der Pflegefinanzierung ist das Personal, und da ist kein nicht ausgeschöpftes Potential zu erkennen. Eine Reduktion der Personalkosten führt zu einer Reduktion der Qualität.“ Und ähnlich wie bei der Stadt Luzern heisst es weiter, mit der Plafonierung der Pflegekosten bestehe die Gefahr, dass die Qualität in den  Pflegeheimen abnehme, weil mit dieser Massnahme vor allem die Personalkosten tangiert würden.

Zu viele Kompetenzen beim Kanton
In der Vernehmlassung der privaten und öffentlichen Heime der Stadt und Agglomeration Luzern heisst es, man empfinde das neue Pflege- und Betreuungsgesetz als massive Beschränkung und Behinderung unternehmerischer Freiheiten der gesamten stationären Langzeitpflegebranche. Der Kanton nehme sich eindeutig zu viele Kompetenzen.

Grösste Vorbehalte zur Gesetzesrevision äussert auch die Alzheimervereinigung Luzern. Das Thema Demenz werde in der Vorlage viel zu wenig beachtet. Das Gesetz solle erst dann revidiert werden, wenn im Kanton Luzern die „Nationale Demenzstrategie“ umgesetzt werde. Die Vereinigung kritisiert die Gewichtung. „Die Gesetzesrevision ist viel zu stark auf die Heime, auf den Stationären Bereich ausgerichtet. Dem vielgelobten Grundsatz „ambulant vor stationär“ wird kaum Rechnung getragen. Wie eine adäquate ambulante Betreuung und Pflege zu Hause sichergestellt und finanziert werden kann, ist nicht ersichtlich.“

„Es droht ein Qualitätsabbau in der Pflege“
Eine vom kantonalen Gesundheits- und Sozialdepartement (GSD) eingesetzte Projektgruppe ohne Heimvertreter habe einen praxisfremden Gesetzesentwurf vorgelegt, schreibt Steinhof-Heimleiter Paul Otte im Editorial vom „Steinhofblatt“. Er befürchtet einen Qualitätsabbau in der Pflege, weil die Höhe der Pflegetaxen vom Kanton festgelegt werden soll. Weil die Pflegekosten zum grössten Teil vom Personalaufwand her bestimmt werden, würde die Plafonierung zu einem Abbau beim Stellenschlüssel führen. Weniger Personal führe zu einem Abbau im Angebot, zum Beispiel in der Aktivierung der Bewohnerinnen oder ganz direkt bei der Betreuung der Pflegebedürftigen. (Der ganze Beitrag von Paul Otte kann im hier angefügten pdf nachgelesen werden)

In der Projektgruppe des Kantons wirkten fünf DepartementsmitarbeiterInnen, fünf GemeinderätInnen, je ein Vertreter des Verbandes Luzerner Gemeinden und der Ausgleichskasse mit. Auf die Frage, warum kein Heimvertreter habe mitwirken können, sagte Daniel Wicki, Leiter Abteilung Soziales und Arbeit beim  GSD, die Luzerner Altersheimleiter Konferenz (LAK) sei im Verlaufe des Prozesses angehört worden. Das sei von Anfang an so kommuniziert worden. Die Heime seien als Leistungserbringer in diesem politischen Prozess eben auch Partei und nicht nur Wissensträger.