Elena Holz. Bild: zvg

Mimi und ich

«Besonders vertraut bin ich mit meinem Grossmami ‹Mimi›. Bis vor ungefähr drei Jahren hätte ich unser Verhältnis als eher distanziert beschrieben. Der Auslöser für den Wandel passierte während meines längeren Aufenthaltes in Kenia: Man starrte mich ungläubig an, als ich erzählte, meine bald 90-jährige Grossmutter wohne ganz alleine. Plötzlich erschien mir dies selbst nicht mehr angemessen. Wieso kümmerten wir uns nicht mehr um sie? Ich beschloss, sie öfters zu besuchen, vielleicht sogar regelmässig für sie zu kochen. Als ich ihr dies mitteilte, war sie alles andere als erfreut. ‹Ich hab's gar nicht gern, wenn ich mich zu fest nach dem Programm anderer Leuten richten muss›, lehnte sie meinen Vorschlag entschieden ab. Mimi ist eine Frau, die weiss, was sie will.

Wir fanden eine Lösung: Ich durfte ihren Dachstock als Büro nutzen, unter der Bedingung, dass sie jederzeit unabhängig war von mir. Je nach Lust könne sie bei mir anklopfen, dann würden wir zusammen einen Kaffee trinken. Solang dies keine fixe Abmachung sei.

Zu meiner Freude klopfte sie dann doch jeden Tag an. Während eines halben Jahres trafen uns wir zweimal täglich an ihrem Esszimmertisch mit Café crème und Pralinés.

Nach 23 Jahren hatte ich das Gefühl, meine Grossmutter endlich richtig kennenzulernen – ein unglaublich wertvolles Geschenk für mich.

In den letzten drei Jahren hat sich ihr gesundheitlicher Zustand leider stark verschlechtert. Sie ist ins Pflegeheim umgezogen und erkennt mich nur noch selten, wenn ich sie dort besuche. Manchmal stellt sie mich dem Pflegepersonal als ‹ihre berüchtigte Freundin› vor. Mich stört es nicht, weil ich weiss, dass es keine Rolle spielt, wie sie mich nennt oder ob sie begreift, dass ich ihre Enkelin bin. Ich bin mir sicher, dass sie trotz allem spürt, wie nah wir uns sind. Die gemeinsame Zeit kann uns niemand mehr nehmen.»

Elena Holz (25), Master in Soziologie, Autorin, aktuell tätig als Projektmitarbeitende bei «Wasser für Wasser».

 

Paul Huber und Grosskinder. Bild: zvg

Jede Woche vier Grosskinder am Tisch

«Ich habe zwei soziale Töchter, früher sagte man Stieftöchter, und eine leibliche Tochter. Erstere beide – die Kinder meiner ehemaligen Lebenspartnerin – sind inzwischen ebenfalls Mütter. Zu den vier Sprösslingen der zweiten Tochter pflege ich ein sehr enges Verhältnis, da ich bereits pensioniert war, als diese zur Welt kamen. ‹Ganz de Grosspapi› sagt logischerweise niemand, wenn wir zusammen sind. Aber ich fühle als ihr ‹Papaul› Verantwortung wie ein leiblicher Grossvater. Ich liebe sie sehr und erfahre auch von ihnen grosse Zuneigung. Die ersten beiden begann ich schon wenige Monate nach ihrer Geburt zu hüten – mit allem Drum und Dran. Als dann noch Zwillinge dazu kamen, erhielt ich vorübergehend von einer Praktikantin Unterstützung. Jetzt, wo alle zur Schule oder in den Kindergarten gehen, bestreite ich das Pensum wieder allein. Am meisten Spass macht mir das gemeinsame Mittagessen, wo ich Fragen stellen und beantworten kann und beobachte, wie aus unselbständigen Kleinkindern selbstbewusste Persönlichkeiten werden. Unglaublich, wie unterschiedlich sich vier Geschwister entwickeln können. Es kommt gut und ich hoffe, dass mir meine Gesundheit erlaubt, diese Aufgabe noch ein paar Jahre weiter auszuüben.»

Paul Huber (74), sechsfacher Stief-Grossvater, Textbearbeitung Eva Holz

 

Monika Fischer und Grosskinder. Bild: zvg

Engagement auf verschiedenen Ebenen

«Bei unserer Grossfamilie war es anzunehmen, dass es einmal Grosskinder geben wird. Als Mutter von fünf Kindern habe ich heute sieben Enkelinnen und zwei Enkel im Alter zwischen fünfeinhalb und sechzehn Jahren. Der Anruf des ältesten Sohnes, ‹Mami, du wirst Grossmutter!›, fühlte sich gleichwohl wie ein Wunder an. Nach seiner schweren Krebserkrankung war es ungewiss, ob er Kinder bekommen könnte. Deshalb sagte ich am Telefon spontan: ‹Wenn ihr es braucht, schenke ich euch wöchentlich einen Hütetag.› Die vier Söhne und die Tochter meinten einhellig, ich solle machen, was ich für richtig halte. So habe ich rund zwölf Jahre lang regelmässig gehütet, seither springe ich nach Bedarf tageweise ein. Die neun Grosskinder sind für mich in ihrer Vielfalt ein grosses Geschenk. Seit bald zehn Jahren engagiere ich mich zudem bei der Plattform grossmuetter.ch, die sich unter anderem mit Care-Ökonomie, Wohnformen und Selbstbestimmung im Alter auseinandersetzt. Es gibt angesichts des weltweiten Geschehens wohl Momente, bei denen mir bange wird und ich nur hoffen kann, dass meine Enkelkinder ihren Platz im Leben einmal finden werden. Doch möchte ich mir keine Sorgen auf Vorrat machen.»

Monika Fischer (76), neunfache Grossmutter, Textbearbeitung Eva Holz