Eine Respektsperson

Zum Tod von alt Bundesrat Alphons Egli

Von Judith Stamm

Für mich war Alphons Egli, geb. 1924, eine Respektsperson im Luzerner Grossen Rat, als ich ihm 1971 dort begegnete. Er gehörte dem Gremium, heute Kantonsrat genannt, seit 1967 an. Ich bewunderte, wie klar und verständlich er als Kommissionssprecher Gesetzesvorlagen vorstellen konnte. Und er hatte die Fähigkeit, aus den trockensten Ausführungen heraus den Weg zu einer überraschenden, humoristischen Pointe zu finden. 1975 wurde er in den Ständerat gewählt und 1982 in den Bundesrat. Und wieder konnte ich, 1983 in den Nationalrat gewählt, sein Wirken miterleben.

Unvergesslich bleibt seine Entschuldigung im Namen des Bundesrates gegenüber den Jenischen. Ihnen war durch die Wegnahme ihrer Kinder viel Leid zugefügt worden.

Sehr eindrücklich war, was er im Bereich Umweltschutz in seiner kurzen Amtsdauer bis 1986 alles erreichte. Die Umweltschutzgesetzgebung wurde verabschiedet. Das Verbot von bleihaltigem Benzin, Katalysatoren, Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen und Überlandstrassen wurden in Bundesrat und Parlament vorgeschlagen und durchgesetzt. Mit diesen Massnahmen, die nicht gerade populär waren, verschaffte er sich nicht nur Freunde. Zum Thema Waldsterben fand eine Sondersession statt. Auch international leistete Alphons Egli zum Thema Luftreinhaltung Überzeugungsarbeit. Die Atomkatastrophe vonTschernobyl und der Brand im Chemiewerk Schweizerhalle brachten 1986 grosse Aufregung und Verunsicherung über die Schweiz. Die eigenen Vorkehrungen und Strukturen mussten überprüft werden, Alphons Egli war dafür zuständig und stellte sich den Fragen.

Dies alles traf einen Menschen, der sich vor seiner Wahl in die Landesregierung als Rechtsanwalt mit Finanz- und Wirtschaftsfragen, aber nicht mit dem Thema Umweltschutz beschäftig hatte. Die Gründlichkeit, mit der er sich in die Materie einarbeitete, die Ernsthaftigkeit, mit der umsetzte, was er für richtig und notwendig hielt, waren umso bewundernswerter. Und brachten viele Skeptiker zum Schweigen.

Seine Frau Heidi stand ihm im Hintergrund verständnisvoll und unterstützend zur Seite. Aber fern von seinem emotionellen Biotop in Luzern, fern von seinen drei erwachsenen Kindern, fern von seinem angestammten Freundeskreis zehrten diese Anforderungen des Amtes an seinen Kräften. 1986 erklärte er seine Demission und kehrte nach Luzern zurück. Er übernahm noch verschiedene Aufgaben, hielt sich aber in der Öffentlichkeit zurück. Am 5. August 2016 ist er nun endgültig heimgegangen.

17. August 2016

Zur Person
Judith Stamm, geboren 1934, aufgewachsen und ausgebildet in Zürich, verfolgte ihre berufliche und politische Laufbahn in Luzern. Sie arbeitete bei der Kantonspolizei und bei der Jugendanwaltschaft, vertrat die CVP von 1971 - 1984 im Grossen Rat (heute Kantonsrat) und von 1983 - 1999 im Nationalrat, den sie 1996/97 präsidierte. Sie war 1989 - 1996 Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen und 1998 - 2007 Präsidentin der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft.