Gewalt im Alter wird wenig diskutiert und erforscht. Bild: zvg

Gewalt in der Partnerschaft endet nicht mit dem Rentenalter

Nur wenige Menschen über 65 Jahren nutzen die Beratungen wegen Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft. Denn das Thema wird kaum diskutiert oder erforscht.

Am Internationalen Tag gegen die Misshandlung älterer Menschen hat das Nationale Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt daran erinnert, dass Gewalt in Paarbeziehungen auch vor älteren Menschen nicht Halt macht und dass ältere Menschen die gleichen Chancen auf Hilfsangebote haben sollten wie die jüngere Bevölkerung. «Alter ohne Gewalt» arbeitet an einem angewandten Forschungsprojekt mit, das auf eine bessere Prävention abzielt.

Ältere Menschen kommen in Studien kaum vor 
Obwohl selten darüber gesprochen wird, betrifft Gewalt in der Partnerschaft auch Menschen im Rentenalter. Die Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen macht heute fast 19 Prozent der Schweizer Bevölkerung aus, und ihre Zahl wird bis 2050 auf über 25 Prozent ansteigen. Ältere Menschen fehlen jedoch nach wie vor in den Studien zu diesem Thema und in den Präventionskampagnen, in denen meist jüngere Paare im Mittelpunkt stehen. Es gibt auch nur wenige Hilfsangebote für von Gewalt betroffene und Gewalt ausübende Personen, die sich an ältere Menschen richten und ihre besonderen Bedürfnisse berücksichtigen: kein Internetzugang, Mobilitätsprobleme, Abhängigkeit bei der Pflege und den Aktivitäten des täglichen Lebens, kognitive Probleme usw. Die Unterrepräsentation älterer Menschen spiegelt sich auch in den Statistiken wider. Nur ein äusserst geringer Prozentsatz von Menschen über 65 Jahre nutzen die Beratungen wegen Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft.

Büro für Gleichstellung unterstützt neues Forschungsprojekt 
Um den Zugang zu Hilfsangeboten für ältere Menschen bei Gewalt in der Partnerschaft zu verbessern, ist es wichtig, die Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der Gewaltsituationen im Vergleich zu denen jüngerer Erwachsener zu verstehen, die Art und Weise der Zusammenarbeit verschiedener Fachorganisationen, aber auch wie ältere Menschen selbst diese Problematik und die bestehenden Hilfsangebote wahrnehmen. Zu diesem Zweck arbeitet das Nationale Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt an einem angewandten Forschungsprojekt mit, das vom Institut und der Fachhochschule für Gesundheit La Source (HES-SO) und dem senior-lab durchgeführt wird. Im Rahmen dieses Projekts wird spezifisches Informationsmaterial entwickelt, das sich an Fachleute, ältere Menschen und ihre Angehörigen sowie an die breite Öffentlichkeit richtet. Das Projekt wird unter anderem vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG), der Schweizerischen Kriminalprävention, dem Waadtländer Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und von der Stiftung OAK unterstützt und soll im November 2023 in eine nationale Sensibilisierungskampagne münden.

Anlaufstelle für Gewalt im Alter 
Seit 2019 verfügt das Nationale Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt über eine dreisprachige nationale Anlaufstelle. Sie bietet allen Betroffenen, Angehörigen, Dritten und Fachleuten in der ganzen Schweiz kostenlos und vertraulich Gehör, Unterstützung und Beratung. Das Nationale Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt wurde per 1.1.2022 gegründet. Die im Jahr 2019 lancierte nationale Anlaufstelle Alter ohne Gewalt wurde bis heute in 700 Fällen von vermuteter Gewalt kontaktiert. Sie steht Betroffenen, Angehörigen, Drittpersonen und Fachpersonen zur Verfügung. Alter ohne Gewalt bietet niederschwellige sowie vertrauliche Hilfe und ist unter anderem kriminalpräventiv tätig. (BB)

www.alterohnegewalt.ch
info@alterohnegewalt.ch
Telefon Anlaufstelle 0848 00 13 13

4. Juli 2022 – Medienmitteilung