Hinter den Kulissen des Impfzentrums

Die Dankbarkeit ist enorm

Wie viele andere bin ich froh, das Impfen (inkl. Nebenwirkungen) seit Wochen hinter mir zu haben. Doch begleitet mich das Thema weiterhin, wenn mein Mann nach der Heimkehr vom Impfzentrum auf der Allmend von seinen Erfahrungen berichtet.

Von Monika Fischer

Seit Monaten ist das Impfen das grosse Thema. «Schon geimpft?», ist oft eine der ersten Fragen nach der Begrüssung. Viele konnten den Impftermin kaum erwarten. Andere schwärmten vom guten Ablauf im Impfzentrum. Ende März war es auch bei mir so weit. Nach einem knapp halbstündigen Marsch stand ich gespannt auf der Allmend. Wie viele irritierte mich die Frage beim Einchecken: «Sind sie freiwillig da?» Doch war auch ich beeindruckt vom reibungslosen Ablauf und all den freundlichen Zivis und Freiwilligen. Angesichts der Fürsorglichkeit und beim Abwarten der vorgeschriebenen Viertelstunde fühlte ich mich zum ersten Mal richtig alt.

Durch meinen Mann, der als pensionierter Hausarzt jede Woche ein- bis zweimal als Freiwilliger impfen geht, bekomme ich auch einen Blick hinter die Kulissen. Anfangs Woche kann er seine freien Kapazitäten in einem Doodle eintragen, am Donnerstag bekommt er den Einsatzplan. «Die Arbeit ist nicht anstrengend, aber doch intensiv. Von 8.30 bis ca. 17 Uhr sind wir ständig dran», berichtet er. Für das Mittagessen ist eine halbe Stunde eingeplant, je eine Viertelstunde am Vor- und Nachmittag als Kaffeepause vorgesehen. Im Hinblick auf einen lückenlosen Ablauf werde streng darauf geachtet, dass die Zeiten nicht überzogen werden.

 

Als in den ersten Wochen die älteren Semester dran waren, bekam ich regelmässig Grüsse von Bekannten. Gross war die Freude auf beiden Seiten, wenn ehemalige Patientinnen oder Patienten von ihrem früheren Hausarzt geimpft wurden. Manches hat sich im Laufe der Wochen gemäss den Erzählungen meines Mannes verändert. Die älteren Menschen brauchten mehr Zeit zum Ausziehen, zumal sie in der kälteren Jahreszeit mehr Kleider trugen. Die einen kamen mit Begleitung, andere allein. Zum Beispiel jener 95jährige Senior, der stolz meinte, er sei zu Fuss gekommen sei. Nur selten mussten Ängste beschwichtigt werden. Oder Ärger, wenn z.B. ein Ehepaar aus dem hintersten Entlebuch unterschiedliche Impftermine hatte. Nahmen die älteren Menschen die Situation eher gelassen, seien die jüngeren Jahrgänge schneller, kritischer und empfindlicher. Vor allem sind die Namen komplizierter geworden. Nicht nur durch die zunehmend durch die Migration bestimmte Herkunft, sondern auch durch die Schreibweise: Sibille oder Sybil? Sara oder Sarah? 

Immer wieder höre ich von der enormen Dankbarkeit der Leute. Dies wollte ein Patient sogar mit einer Hunderternote für das tolle Team ausdrücken. Neben dieser Wertschätzung geniesst mein Mann das Zusammentreffen mit ehemaligen Kollegen, die manchmal eine kreative Ader entwickeln. Als der eine begann, «seine» Kabine mit Karikaturen auszuschmücken, machten es andere mit Kalenderbildern. «Ein Kreis wird geschlossen, wenn ich mit alten Kollegen wie zur Assistenzzeit im Spital beim Mittagessen zusammensitze», freut er sich. So wird er weiterhin seine freiwilligen Einsätze leisten, die voraussichtlich bis in den August hinein nötig sein werden.

Die Impfung hat uns ein Stück Normalität zurückgebracht und im Umgang manches verändert. Als mir ein Bekannter bei der Begrüssung mit den Worten «ich bin zweimal geimpft» die Hand entgegenstreckte, zuckte ich unwillkürlich zurück. Überrascht stellte ich bei einer Geburtstagsfeier auf der Landschaft fest, dass dort der Händegruss schon wieder wie selbstverständlich dazugehörte. Wie froh waren wir, als wir beim Einlass im KKL zum Testkonzert zum Abschied des langjährigen Chefdirigenten James Gaffigan unseren Impfausweis vorzeigen konnten. Ein Freund, der diesen zuhause liegengelassen hatte, wurde zu einem Schnelltest geführt. Lachend meinte er nach der Rückkehr: «Es ist positiv, dass ich negativ bin.» 

24. Juni 2021 - monika.fischer@luzern60plus.ch