Wer Care-Arbeit leistet, soll keine beruflichen Nachteile erleiden.

Stadt unterstützt pflegende Angehörige

Wer für seine kranken Eltern oder und Kinder sorgt, soll nicht benachteiligt sein. Der Luzerner Stadtrat hat ein Postulat (teilweise) angenommen, das Care-Arbeit für Familienangehörige und Lebenspartner erleichtern will.  Von Beat Bühlmann

In der Schweiz werden jährlich rund 8,7 Milliarden unbezahlte Arbeitsstunden an Care-Arbeit für Kinder und pflegebedürftige Angehörige geleistet. Das entspricht einer Million Vollzeitstellen und Arbeitskosten von über 80 Milliarden Franken. Doch wer unbezahlte Care-Arbeit leistet, nimmt beträchtliche Nachteile in Kauf, wie die Luzerner Grossstadträtin Regula Müller in einem parlamentarischen Vorstoss namens der SP/Juso-Fraktion zu bedenken gibt. Sie weist insbesondere auf schlechte Lohn- und Karrierechancen, mangelhafte soziale Absicherung und fehlende gesellschaftlich Anerkennung hin. Das sei auch aus Sicht der Gleichstellung problematisch. Denn nach wie vor leisten Frauen den grössten Anteil der Angehörigenpflege.

Mit der zunehmenden Alterung werde Pflege, Betreuung und Sorgearbeit ohnehin an Bedeutung gewinnen. So dürften in der Stadt Luzern bis ins Jahr 2045 gegen 9000 Personen 80-jährig oder älter sein; das entspricht gegenüber 2019 einer Zunahme von etwa 65 Prozent. In ihrem Postulat fordert Regula Müller den Stadtrat auf, innerhalb der Stadtverwaltung die soziale Absicherung bei Care-Verpflichtungen zu verbessern sowie Nachteile bei der Lohnzahlung und bei der Laufbahnentwicklung zu beseitigen.

Kein bedingungsloser Anspruch

Der Stadtrat, der das Anliegen weitgehend teilt, hat das Postulat allerdings nur teilweise entgegengenommen. Eine Pensenreduktion bei Care-Arbeit ohne Berücksichtigung der betrieblichen Umstände, wie im Postulat vorgeschlagen, lehnt er nämlich grundsätzlich ab. Heute ist gemäss Personalverordnung „eine vorübergehende Herabsetzung des Arbeitspensums zu bewilligen, wenn die Mitarbeitenden sie für die Übernahme der Pflege von Familienangehörigen oder der Lebenspartnerin / des Lebenspartners beantragen und die betrieblichen Umstände es zulassen“. Der Stadtrat verspricht jedoch, eine Regelung zu treffen, die sowohl den Bedürfnissen der Mitarbeitenden als auch der Arbeitgeberin gerecht werde. So soll Care-Arbeit nicht länger auf Personengruppen im eigenen Haushalt beschränkt sein. Auch werde er prüfen, ob allenfalls der Kündigungsschutz auszubauen sei.

Der Stadtrat weist im Übrigen darauf hin, dass schon heute nach einer Geburt oder Adoption ein Anspruch auf eine dauernde Pensenreduktion von 20 Prozent bestehe. Zudem werde bei plötzlicher Erkrankung eines Familienmitglieds ein Kurzurlaub von drei Tagen gewährt. Er räumt aber ein, dass mit dem neuen Bundesgesetz über die Vereinbarkeit von Berufsarbeit und Angehörigenpflege weitere Anpassungen des städtischen Personalrechts geprüft und vorgenommen werden müssten. – 16.3.2021

Stellungnahme_zum_Postulat_435.pdf (stadtluzern.ch)