Grosse Wohnungen an der Taubenhaussstrasse sind zu teuer

Die „Integrierte Versorgung“ im Alter und der Unterhalt und Bau von Alterswohnungen waren Thema in Stadtparlament. Zwei entsprechende Postulate aus der grünen und der SP-Fraktion wurden entgegengenommen.Von René Regenass (Text) und Joseph Schmidiger (Bild)

Der Luzerner Stadtrat vertritt die Meinung, dass die Ziele der „Integrierten Versorgung im Alter“ weitestgehend erreicht seien. Darum nimmt er das Postulat von Marco Müller (Grüne/Junge Grüne) und von Maria Pilotto (SP/JUSO) entgegen. Handlungsbedarf sieht der Stadtrat bei der Vernetzung und Koordination der Angebote im ambulanten und stationären Bereich von Pflege und Betreuung. Er will dafür ein strategisches Austauschgremium etablieren, dem auch Hausärzte und Hausärztinnen, Akutspitäler und spezielle Angebote im Alters- und Pflegebereich angehören sollen.

 

Zu den Pluspunkten der Integrierten Versorgung in der Stadt zählt der Stadtrat die Anlaufstelle für das Alter, das Projekt Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen, das Netzwerk Alter Luzern und der Bewerbung für das Programm der Age Stiftung. Auch das Netzwerk Demenz gehöre dazu. In einer kürzlich erschienenen Publikation „Gestaltung kommunaler Alterspolitik in der Schweiz“ werde die Stadt Luzern zum höchsten Typus mit einer „umfassenden Alterspolitik“ gezählt.

„Forderungen sind nicht erfüllt“

Marco Müller, der das Postulat zusammen mit Maria Pilotto von der SP eingereicht hatte, zeigte sich in seiner Stellungnahme im Rat „irritiert“. Wenn der Stadtrat meine, die Forderungen seien weitestgehend erfüllt, sei dies „ganz und gar nicht der Fall“. Mit vier Beispielen versuchte Müller seine Meinung zu verdeutlichen.

  • Es gibt kein gemeinsames Verständnis, was die beteiligten Organisationen unter Integrierter Versorgung verstehen.
  • Ein zentrales Ziel wäre die Schliessung von Angebotslücken. Im Würzenbachquartier mit rund 7‘000 Einwohnenden gibt es – mit Ausnahme des hochpreisigen Tertianums – keine stationäre Pflegeeinrichtung und keine bezahlbaren Alterswohnungen.
  • Die Stadt steuert die „Integrierte Versorgung“ zu wenig. Vieles ist Initiative der Anbieter. Die gesetzten Ziele sind so nicht erreichbar.
  • Bestandteil des Konzepts müsste die Integration von Apotheken und Hausärzten sein. In Luzern sind diese kein Bestandteil des Netzwerk Alter. Dabei sind sie in den Quartieren erste Ansprechperson der älteren Menschen.

Nach seinen kritischen Worten sagte Marco Müller, vieles in der Stadt laufe gut rund um Alter und Versorgung. „Ich wünschte mir jedoch weniger Genügsamkeit, und dass die Stadt den Lead übernimmt.“

Für Sozialdirektor Martin Merki verfüge Luzern rund um die Integrierte Versorgung hervorragende Angebote. Aber es gebe natürlich immer etwas zu verbessern. Die Zusammenarbeit von Viva, Spitex, Vicino und Pro Senectute werde man strategisch noch besser ausgestalten müssen.

Alterssiedlungen sollen gut unterhalten werden

Der Stadtrat sei sich seiner Verantwortung in Sachen Unterhalt der städtischen Liegenschaften und der Alterssiedlungen bewusst. Er werde auch in Zukunft alles daransetzen, diese Objekte in einem guten und einwandfreien Zustand zu erhalten. Mit dieser Aussage nahm der Stadtrat ein weitere Postulat Marco Müller und Christian Hochstrasser (Grüne/Junge Grüne) entgegen, das eine aktive Bewirtschaftung der städtischen Alterssiedlungen fordert. 

Was der Stadtrat weiter ausführt:

  • 13 Millionen Franken sind in den letzten fünf Jahren für Unterhalt und Sanierungen ausgegeben worden, für den Totalumbau der Alterssiedlung an der Taubenhausstrasse und für den Unterhalt der übrigen Alterssiedlungen (Eichhof, Rank, Titlis und Schlossstrasse).
  • Für die Jahre 2020 bis 2027 sind weitere Sanierungsprojekte für rund 13 Millionen Franken für Alterssiedlungen geplant. Das sind Gesamtsanierungen der Alterssiedlung Rank und der Alterssiedlung Guggi/Schlossstrasse.

Über 1900 Franken Miete für eine 3 ½-Zimmerwohnung

Marco Müller setzte in seinem Votum andere Gewichte. Als „absolut stossend und falsch“ findet er Planung und Mietzinspolitik bei der neu gebauten und kürzlich eröffneten Alterswohnsiedlung an der Taubenhausstrasse. 40 Prozent sind 3 ½-Zimmerwohhnungen und kosten zwischen 1910 und 2170 Franken. Marco Müller erinnerte an die Behandlung des Planungsberichtes Pflegeversorgung vor zwei Jahren. Damals wurde eine Protokollbemerkung der Kommisson als Auftrag an den Stadtrat überwiesen, die verlangte, dass die Mieten in den städtischen Alterswohnungen so tief angesetzt würden, dass sie allein mit den Ergänzungsleistungen bezahlt werden können. Das sind nach der EL-Reform ab Januar 2021 Beträge von 1325 Franken für eine Einzelperson und 1575 Franken für ein Paar. Dieser Ansatz jedoch kann an der Taubenhausstrasse bei weitem nicht eingehalten werden.  

Investitionsstau – Marco Müller sieht es anders

Marco Müller führte weiter aus, dass viele Alterswohnungen in der Stadt „ziemlich renovationsbedürftig sind. Und der Investitionsstau ist offensichtlich.“ Schliesslich forderte Müller, dass der Stadtrat bei den geplanten Sanierungen im Rank und in der Siedlung Guggi/Schlossstrasse Wohnungen erstellen sollte, die mit der EL bezahlbar seien, wie es die Protokollbemerkung gefordert habe.

Baudirektorin Manuela Jost widersprach: „Es gibt keinen Investitionsstau.“ Auf das Thema grossen Wohnungen und hohen Mietzinse an der Taubenhausstrasse ging Jost nicht ein. 

Marco Müller will an diesen Themen dranbleiben, sagte er nach der Sitzung im Grossen Stadtrat. Die Planung mit den grossen Wohnungen und hohen Mietzinsen an der Taubenhausstrasse sei vermutlich vor der im Stadtrat überwiesenen Protokollbemerkung festgestanden. Marco Müller weiter: „Viva weiss, dass 2 ½-Zimerwohnungen am besten vermietet werden können. Darum muss die künftige Planung in diese Richtung gehen.“ Gut möglich, dass die Baudirektion angesichts der schwierigen Vermietung der 3 ½-Zimmerwohnungen etwas dazu gelernt hat.

rené.regenass@luzern60plus.ch - 25. September 2020