
Christoph Wirz referierte mit Humor und samt Karikaturen von Taco Hammacher über das Thema Erben.
Vererben heisst auch loslassen
Der Notar Christoph Wirz sagt, Erben sei Fluch und Segen zugleich. Die erste «Lebensreise»-Veranstaltung wartete mit vielen wertvollen Informationen auf.Von Monika Fischer (Text und Bild)
Die «Lebensreise 2025» der Stadt Luzern befasst sich mit den Facetten des Erbe(n)s. Der erste Anlass vom 3. Juni 2025 im Berufsbildungszentrum Bau und Gewerbe BBZB stand unter dem Titel «Erben – Fluch oder Segen – Erblassen will gelernt sein – Erben auch».
In ihrer Einführung bezeichnete Irene Graf vom Forum Luzern60plus namens der Vorbereitungsgruppe das Erben als emotionales Thema, das persönlich und gesellschaftlich bewegt, und zeigte die Fakten auf: Rund 90 bis 95 Milliarden Franken werden in der Schweiz jedes Jahr vererbt. Ein Drittel der Schweizer Bevölkerung erbt gar nichts, während die reichsten 10 Prozent rund 75 Prozent des Erbvolumens erhalten. Jeder zweite Schweizer Vermögensfranken ist geerbt, was die grosse Bedeutung des Erbens für die Schweizer Bevölkerung und die Volkswirtschaft verdeutlicht. Das 2023 in Kraft getretene neue Erbrecht lasse beim Verfassen eines Testaments mehr Freiheit beim Verteilen des Vermögens. Obwohl der Grossteil des Geldes an nahe Verwandte, an Ehepartner und Kinder fliesse, würden gemäss einer neuen Umfrage zunehmend auch gemeinnützige Organisationen berücksichtigt.
Viele Emotionen mit im Spiel
Auch der Referent, der Notar Christoph Wirz (*1950), betonte, dass Erben sehr viel mit Emotionen zu tun habe. Als Notar sei es ihm wichtig, auf die unterschiedlichen Menschen einzugehen. So müsse er hie und da auch Seelsorger sein. Er bezeichnete das Vererben als anspruchsvolle Angelegenheit, weil viele Menschen Mühe hätten, sich mit dem Sterben und dem Tod auseinanderzusetzen. Deshalb sei die Weitergabe der irdischen Güter auch verbunden mit Loslassen.
In groben Zügen stellte der Referent das Erbrecht vor. Das Ehegüterrecht regelt die Beziehung zwischen den Ehepartnern, die gesetzlich vorgesehene Erbfolge könne abgeändert werden. So würden häufig die Ehegatten vor den Kindern begünstigt. Dies könne für die Nachkommen bedeuten, dass sie erst im Alter erben können. Es sei nicht gut, wenn man das Erbe für die Nachkommen zu lange hinausschiebe und damit eine Generation überspränge. Gemäss Wirz ist es deshalb wichtig zu überlegen, was der überlebende Ehegatte zum Leben brauche, was allerdings im Hinblick auf einen möglichen Heimeintritt nicht einfach sei.
Für das Erbe könne ein Testament errichtet werden, das widerrufen und geändert werden könne, oder ein Erbvertrag. Dieser müsse nach der Zustimmung aller beteiligten Parteien öffentlich beurkundet werden und sei bis zum Tod gültig. Wirz riet besonders Unternehmenseigentümern oder Patchworkfamilien, ihr Erbe unter Beizug eines Notars im Voraus sorgfältig zu regeln.
Sich rechtzeitig mit dem Erbe auseinandersetzen
Der Notar zeigte auf, dass mit dem Erblasser, den Erben und dem Notar beim Erben verschiedene Personen involviert sind, was schwierig, aber auch sehr befriedigend sein könne. Anhand der Karikaturen von Taco Hammacher, Biel, schilderte er entlang dem ABC humorvoll die verschiedenen Charaktere vom grosszügigen über den komplizierten, neidischen bis zum toleranten Klienten und die damit verbundenen Herausforderungen für den Notar.
In der Diskussion antwortete Wirz auf die Frage, ob Erben nun mehr Fluch oder Segen sei, es sei beides, halb, halb. Er verglich das Erben mit einem Lottogewinn, dieser falle an, und man müsse sich damit auseinandersetzen. Leider kämen dabei manchmal auch Animositäten aus Kindheit ans Licht. Zur Frage, ob ein Erbvorbezug fair sei, sagte er, Schenkungen würden sowieso aufgerechnet und Erben seien verpflichtet, diese zurückzuzahlen, falls die Finanzen im Alter zum Beispiel bei einem Heimaufenthalt nicht mehr reichen. Wirz betonte, es sei wichtig, das Erbe rechtzeitig zu Lebzeiten zu regeln, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Weitere Veranstaltungen der «Lebensreise 2025» siehe Flyer.
22. Juni 2025 – monika.fischer@luzern60plus.ch