Weihnachtsmagazine – Weihnachtsvereine

Von Judith Stamm

„Froh ums Herz? Sicher nicht: zu viel Kommerz!“, habe ich letztes Jahr im November geschrieben. Soll ich meine alte Kolumne einfach wieder hervornehmen? Nein, vor mir liegen ja die Weihnachtsmagazine von Zürich und Luzern. Da gibt es sicher „Neues“ zu berichten. Zu meinem Erstaunen umfasst das Magazin von Luzern 86 Seiten, dasjenige von Zürich 31 Seiten.

Eingeleitet werden beide von stadtväterlichen Grüssen. Stadtrat Filippo Leutenegger bekennt, dass er sich auf den Christmas Tree mit den Chören auf dem Werdmühleplatz freut. Geradezu niedlich hört sich folgende Formulierung an: „Manche finden, es sei zu viel los und die Dekorationen seien zu üppig. Da bin ich anderer Meinung. Und, ja, mir gefällt auch der kommerzielle Aspekt. Besonders die Kleinen freuen sich auf Geschenke, zudem nützt es uns allen, wenn kräftig am Wirtschaftsmotor gekurbelt wird.“ Wenn ich mir die Weihnachtskataloge der grossen Warenhäuser ansehe, dann scheinen sie mir nicht in erster Linie auf „die Kleinen“ zugeschnitten!

Der Stadtpräsident von Luzern himself, Stefan Roth, preist in seinem Editorial in gefühliger Weise (kuschelige Wärme, genussvolles Shopping, emotionale Weihnachtsbeleuchtung) die romantische Seite des weihnächtlichen Luzern. Aber auch hier geht es natürlich nur um eines: shopping, shopping, shopping.

In beiden Städten gibt es eigene Vereine: „Weihnachten in Zürich“ und „Weihnachten in Luzern“. Das sind vor allem die Gewerbetreibenden, die sich zusammen geschlossen haben. Offensichtlich muss etwas dran sein an diesem Ereignis gegen Jahresschluss, das wir Weihnachten nennen! Der Luzerner Wirtschaftsbeauftragte, Peter Bucher, nennt das Kind auf der letzten Seite des Magazins beim Namen: “... und Weihnachten ist natürlich die klar wichtigste Zeit im Geschäftsjahr“.

Zum Erleben, Geniessen, Mitmachen laden die Züricher ein. Kleinere und grössere Textbeiträge umkreisen das Thema im Luzerner Magazin. Wie es sich gehört, kommt hier zuerst der neue Pfarrer der Hofkirche, der im Sommer 2016 sein Amt antreten wird, in einem Interview zum Wort. Aber auch im Zürcher Magazin wird das Adventssingen im St. Peter erwähnt unter „Momente der Besinnlichkeit“ mit dem vielsagenden Untertitel: „Auch die Kirchen haben Hochsaison“. Engel, Glanzlichter, Lichterzauber locken das Publikum in beiden Städten. Auch Geschenktipps und beste Geschenkideen fehlen nicht.

Beide Magazine laden ein zu besinnlichen, unterhaltsamen und auch kulinarischen Ereignissen. Luzern hat sogar den Kirchenkalender, die festlichen Aktivitäten der Pfarreien in der Adventszeit, integriert. Aber es hilft alles nichts. Weihnachten ist zum kommerziellen Kulminationspunkt des Jahres geworden! Das wird auch offen so deklariert. Und daher kommt mein Stossseufzer: Wenn wir doch nur die glänzende, glitzernde, klingende Weihnachtsgeschäftszeit von der eigentlichen Weihnachtsgeschichte trennen könnten. Sie haben so wenig miteinander zu tun!

16. Dezember 2015

Zur Person

Judith Stamm, geboren 1934, aufgewachsen und ausgebildet in Zürich, verfolgte ihre berufliche und politische Laufbahn in Luzern. Sie arbeitete bei der Kantonspolizei und bei der Jugendanwaltschaft, vertrat die CVP von 1971 - 1984 im Grossen Rat (heute Kantonsrat) und von 1983 - 1999 im Nationalrat, den sie 1996/97 präsidierte. Sie war 1989 - 1996 Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen und 1998 - 2007 Präsidentin der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft.