Heitere Stellensuche

Von Karin Winistörfer

Das Gute an einem Studium ist, dass es auch mal abgeschlossen ist. Das Schlechte ist, dass es dann abgeschlossen ist.

Sprich: Die Stellensuche geht los, weiter oder intensiviert sich. Heutzutage läuft das ja ganz modern ab, mit Jobabos, Suchdiensten, online-geschalteten Lebensläufen und Bewerbungen via Jobportal oder per Mail. Kein Blatt Papier, kein hübsches Bewerbungsmäppchen und kein Porto sind mehr nötig.

Dafür kommt man in den Genuss von personalisierten Stellenvorschlägen – je nachdem, was und wie detailliert man die Angaben über Ausbildungen, Berufserfahrung, Wünsche und Lohnvorstellungen in die Suchmasken eingibt. Unter den mehreren 100 Jobangeboten, die seit Juni in meine Mailbox geflattert sind, fanden sich denn auch ein paar besondere Schmankerl, deren Genuss ich nicht mir allein vorbehalten möchte.

Als Vorbemerkung gelte, dass ich mich im ersten Studium auf Geschichte und Soziologie konzentriert habe, im zweiten Master auf Methoden der Markt- und Meinungsforschung.

Etwas gestolpert bin ich denn auch über die „Assoziierte Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt internationale bildungspolitische Entwicklungen“. Da mag ich als Mutter zweier Kleinkinder gewisse Erfahrungen haben, und gereist bin ich auch schon viel. Bloss: Ob das genügt?

Stirnrunzeln lösten „Solution Designer CRM“ und „BPO Operations Specialist“ aus – ich liebe kryptische Abkürzungen. Dito bei „Chef Raupenfahrzeuge“ – geht’s da um Biologie oder Technik? Apropos Biologie: Ein Jobportal sah mich als „offizielle Veterinärin“ inklusive Standortleitung, ein anderes als Professorin in Biochemie oder Zellbiologie. Auch eine Professur in Quantentechnologie schien drinzuliegen.

Geschmeichelt hat mir, dass sie mich unbedingt als Doktorandin Entwicklungspädiatrie wollten. Gefühlte 20-Mal schien diese Stelle auf. Ratlos war ich, als ich mich mit der Verkaufsleitung Dessous konfrontiert sah. Klar, im Studium guckt man auch mal ordentlich unter die Oberfläche, aber an Unterwäsche hatte ich dabei doch nie gedacht. Vielleicht ein Fehler? Und zeugte es von akademischer Überheblichkeit, mich auch nicht als Grilleurin in einem Personalrestaurant verdingen zu wollen?

Mein persönlicher Favorit ist aber der Product Manager Weidezauntechnik und Tränkeeinrichtungen. Immerhin die erwünschten Fremdsprachenkenntnisse hätte ich mitgebracht, wenn ich auch von Tierzucht – von Fruchtfliegen einmal abgesehen – keinerlei Ahnung haben.

Trotz dieser Angebote in Hülle und Fülle habe ich schliesslich keiner branchenfremden Verlockung nachgegeben. Vielmehr arbeite ich ab September als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei einer Verwaltung. Eine unspektakuläre Bezeichnung, ein grundsolider Arbeitgeber. Ohne CRM und BPO zwar, dafür aber mit viel Bildung und Kultur. Manchmal siegt doch das Gute.

Zur Person
Karin Winistörfer
, geboren 1974 in Biel, ist ab September 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Verwaltung im Bereich Bildung und Kultur. 2001 schloss sie ihr erstes Studium der Geschichte und Soziologie mit dem Lizentiat ab. Danach war sie bis 2012 Journalistin und Redaktorin im Ressort Kanton bei der Neuen Luzerner Zeitung (Schwerpunkte Politik, Hochschulbildung, Gesundheit/Spitäler, Strommarkt, Gemeinden). 2012 bis 2014 absolvierte sie an der Universität Luzern den Master of public opinion and survey methodology. Karin Winistörfer wohnt mit ihrem Lebenspartner und ihren zwei kleinen Kindern in der Stadt Luzern.
29. August 2014