Der Bildhauer Anton Egloff als Atelier-Archäologe.

Zwischen Himmel und Erde

Beat Bieri hat zehn Jahre lang seinen Schwiegervater, den Luzerner Bildhauer Anton Egloff, mit der Kamera begleitet. «Oh» heisst das einfühlsame und beeindruckende Porträt über den mittlerweile 88-Jährigen.

Von Hans Beat Achermann (Text) und Christian Hartmann (Bild)

«Oh»: So hat der Luzerner Filmemacher Beat Bieri das 70-minütige Porträt über seinen Schwiegervater, den langjährigen Leiter der Abteilung «Freie Kunst» an der damaligen Luzerner Kunstgewerbeschule genannt. In diesen beiden Buchstaben, die auch im Film auf des Künstlers Hand als Kartonbuchstaben erscheinen, ist bereits eine Essenz sichtbar, die das ganze Schaffen des Künstlers auszeichnet. Toni, wie ihn alle nennen, sagt, dass das Staunen, das diese beiden Buchstaben ausdrücken, ihn immer begleitet hat. «Die absolute Aufmerksamkeit» sei Voraussetzung für das Staunen.   

Der Film von Beat Bieri geht der künstlerischen Entwicklung dieses bedeutenden Gestalters nach, angefangen bei der Kindheit in Wettingen über die Lehre als Zahntechniker, die Jahre an der Akademie in Düsseldorf Anfang der 1960er-Jahre bis zu seiner Lehrtätigkeit und den letzten Jahren im Haus am Blumenrain, die er als Atelier-Archäologie bezeichnet. Der Film nimmt mit seinen spezifischen Mitteln vieles auf, das Toni Egloffs Schaffen auszeichnet. Bieri arbeitet mit der Stille, mit dem «Dazwischen», er lädt den Leser zum Schauen ein – und zum Hören, nicht nur auf die sorgsam gewählten Sätze des Künstlers, sondern auch auf die unterlegte Klaviermusik von Hans-Peter Pfammatter und die Kontrabassklänge von Christian Hartmann, der Toni Egloff auch als Fotograf «eingefangen» hat.

Auseinandersetzung mit dem «Dazwischen»
Der Film war ursprünglich als private Hommage gedacht. Das Persönliche und Private sind aber weitgehend zurückgenommen, die langjährige Begleitung mit der Kamera führte zu einem eigentlichen Künstlerporträt.  Es ist beeindruckend, wie es Bieri verstanden hat, das Wesentliche dieses Schaffens filmisch zu erfassen. Zum Wesentlichen gehört bei Egloff die lebenslange Auseinandersetzung mit dem Raum, mit dem auch, was zwischen Himmel und Erde und zwischen den Sternen ist. Viele Arbeiten, auch im öffentlichen Raum, formulieren und interpretieren diese Spannung. Es sind die Konsequenz und die formale Strenge, die das bildhauerische Werk von Anton Egloff auszeichnen, genauso wie die gedankliche und handwerkliche Präzision.

Neben dem Porträtierten kommen auch zwei ehemalige Studierende aus der Zeit seiner Lehrtätigkeit zu Wort: der bekannte Aktionskünstler Roman Signer und die in Düsseldorf lehrende, gebürtige Luzerner Malerin Pia Fries. Beide charakterisieren die Persönlichkeit dieser «Autorität», die auf Ernsthaftigkeit, Geerdetheit, aber auch auf Bescheidenheit, Offenheit und Wohlwollen beruht.

Am Ende des Films sitzt der Künstler unter einem Kreuz auf einem Friedhof in Immensee, eine Arbeit, die er vor 57 Jahren geschaffen hat, inzwischen mit viel Patina versehen. Es ist ein starkes Zeichen der ihm bewussten Vergänglichkeit, der er gelassen entgegensieht: «Ich nehme jeden Tag als Geschenk. Solange ich denken kann, habe ich Freude.»  

Der Film «Oh – Anton Egloff» wird am Samstag, 12. Februar 2022, um 17 Uhr in Anwesenheit von Beat Bieri und Anton Egloff im stattkino einmalig vorgeführt, präsentiert von der Edizioni Galleria Periferia. Bitte Reservation benutzen: info@stattkino.ch oder 041 410 30 60.

20. Januar 2022 – hansbeat.achermann@luzern60plus.ch