Im Gespräch auf den Rampen (v.l.): Laurent Roux (CEO VBL), Hildegard Bitzi (Luzern60plus), Adrian Borgula (Stadtrat, Umwelt- und Mobilitätsdirektor), Karin Blättler (Pro Bahn Schweiz). Unten stehend Moderator Beat Bühlmann.

Mobil bleiben heisst dabei sein

Mobilität ermöglicht Teilnahme am sozialen Leben. Eine Plattformveranstaltung von Vicino vermittelte Infos, wie man auch im höheren Alter mobil bleibt und was Unternehmen und Politik dazu beitragen.

Von Hans Beat Achermann (Text und Bild)

Das Ambiente war ungewöhnlich, aber nicht zufällig ausgewählt: Links von den auf Holz-Festbänken sitzenden rund 100 Teilnehmenden stand ein VBL-Elektrobus, vorne zwei Reinigungsrampen, etwas links davon ein 1er-Trolleybus. Die VBL-Depothalle im Weinbergli bildete den sinnigen  Rahmen für eine Veranstaltung mit dem Titel «Mobilität – Soziale Teilhabe. Eine imaginäre Reise mit praktischen Erläuterungen».

Die Reise ging – angeführt von Vertreterinnen und Vertretern von verschiedenen Organisationen – mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln quer durch die Mobilitätslandschaft. Michèle Albrecht von Pro Senectute pries engagiert das breite Angebot an Kursen zum Thema Mobilität an, angefangen beim Digitreff bis zu E-Bike-Einführungen. Rolf Brunner vom Schweizerischen Roten Kreuz demonstrierte von Krücken über Rollatormodelle bis zum Rollstuhl Mobilitätshilfsmittel. Roland Jost, Leiter Sicherheitsberatung bei der Luzerner Polizei, wies auf die häufigsten Unfallursachen hin: Ablenkung, Unaufmerksamkeit, Hetze. Als Fussgänger und Radfahrer gelte es, sich sichtbar zu machen, sei es durch Zeichen, durch Kleidung oder durch Augenkontakt beim Überqueren eines Fussgängerstreifens. Und wer wusste schon, dass es an vielen Ampelübergängen eine sogenannte Blindentaste gibt, die die Grünphase verlängert? Doch diese wird immer häufiger durch Kameras ersetzt, die Bewegungen wahrnehmen können und so zur Sicherheit beitragen.

Ganz praktisch wurde es, als Zeljko Kremenovic, langjähriger VBL-Chauffeur und -Kontrolleur, mit einer betagten Rollator-Benutzerin zeigte, wie und wo man richtig ein- und aussteigt: immer bei der zweitvordersten Tür, und beim Aussteigen immer rückwärts. Yvonne Koch von der SOS-Bahnhofhilfe wies auf die vielfältigen Unterstützungsangebote hin: Begleitung bei Seh- oder Gehbehinderung, Hilfeleistung am Billettautomaten oder die Benützung einer Sauerstofftankstelle usw. Reisebegleiterin war Karin Blätttler, Präsidentin von Pro Bahn Schweiz und eine Kämpferin für einen bezahlbaren und attraktiven ÖV.

Es geht nur miteinander
Allgemeinere Aussagen zu Stolpersteinen und zur Zukunft der Mobilität gab es im anschliessenden Podiumsgespräch, das vielmehr ein «Rampengespräch» war, souverän moderiert vom Journalisten und Gerontologen Beat Bühlmann. Hier standen vor allem auch die Schwierigkeiten und Problemzonen im Vordergrund: Ungelöst sei weiterhin die Konfliktzone Fussgänger:innen-Zweiradfahrer:innen, stellte Hildegard Bitzi vom Forum Luzern60plus fest. Die Kultur des Miteinander sei noch zu wenig verinnerlicht, aber auch klarere Signalisationen könnten das Problem entschärfen. Laurent Roux, VBL-CEO, plädierte für die Benutzung von Apps statt Automaten und betonte, dass die VBL das Thema Inklusion sehr ernst nehme. Nicht nur der Betrieb müsse mit der Zeit gehen, auch die Benutzerinnen und Benutzer stünden in der Pflicht. Stadtrat und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula appellierte an die Rücksichtnahme aller Teilnehmenden auf den Strassen. Die begrenzte Verkehrsfläche müsse wieder vermehrt zugunsten des Langsamverkehrs umgebaut werden, nur so seien eine Entschleunigung und damit mehr Sicherheit möglich. Applaus gab es für Karin Blättlers Aussagen zum Brennpunkt Bahnhof. Zu weite Wege zu den WC, zu viel Kriminalität rund um den Bahnhof und zu wenig Sicherheitspersonal seien eine Schande für die Stadt Luzern. Im Hinblick auf den Durchgangsbahnhof forderte sie zusätzliche Begleitmassnahmen.

Nach der Veranstaltung konnte der Schreibende an der Bushaltestelle Weinbergli zwei älteren Damen zusehen und zuhören, die eine mit, die andere ohne Rollator. Und alle nahmen Rücksicht aufeinander. So soll es sein, damit alle möglichst lange teilnehmen können am sozialen Leben in der Stadt (und nicht nur auf Social Media).

14. Juni 2023 – hansbeat.achermann@luzern60plus.ch

Vicino ist an fünf Standorten in Luzern nahe bei den älteren Bewohnerinnen und Bewohnern und stärkt so die Nachbarschaft. Über Vicino erhalten die Menschen einen unbürokratischen Zugang zu vielen vorhandenen Dienstleistungen. Damit unterstützt Vicino Luzern, dass Menschen im Alter möglichst sicher und selbstbestimmt in ihrem Zuhause alt werden können. Im Verein Viciono sind rund 40 verschiedene Organisationen zusammengeschlossen.