Der musikalische Leiter von proMusicante, Urs Krienbühl, hat in Luzern seit elf Jahren mehrere Musikensembles aufgebaut.

Wo die Freude am Musizieren im Zentrum steht

proMusicante ist die etwas andere Musikschule für Erwachsene. Altes Wissen wird aufgefrischt, verschüttete Talente werden entdeckt und neue Fähigkeiten erlernt. Die Erfahrungen belegen: Menschen können auch im Alter ihre musikalischen Fähigkeiten erweitern und mit Freude lernen.Von Monika Fischer (Text und Bilder)

Ein Klavier, zwei Akkordeons, zwei Blockflöten, eine Gitarre: Drei Frauen und drei Männer spielen im Rhythmikraum am Wesemlinrain16 den Folksong Swanee River. Das Zusammenspiel klappt nicht auf Anhieb. Urs Krienbühl sucht nach dem Grund. Eine der Frauen wünscht, alle Stimmen auf dem Blatt zu haben, damit sie sich besser zurechtfinden kann. Der Leiter verspricht, die Partitur per Mail zu schicken. Geduldig und achtsam geht er auf die Einzelnen ein, motiviert, ermutigt. Beim Tango «Besame mucho» spielen die anderen Instrumente zum Rhythmus von Klavier und Gitarre die Melodie. «Wie hat es euch gefallen?», fragt Urs Krienbühl. «Ich hatte keine Zeit zum Hören», meint ein Teilnehmer trocken. Der Leiter erklärt: «Bei einem neuen Stück sind zuerst alle mit sich selbst beschäftigt. Nun spielen wir es noch einmal, versuchen auf den Gesamtklang zu hören und die Töne auszukosten.» Alle sind mit grosser Konzentration dabei, gemütvoll schwelgend. Zum Abschluss wählen die Teilnehmenden aus dem Repertoire von Folk, Blues & Jazz, Rock & Pop, Tango und Salonmusik die Stücke für das nächste Treffen aus, damit sie sich vorbereiten können. 

Der geforderte Abstand während der Pandemie schmälerte die Freude an der Musik nicht.

Was zählt, ist die Freude an der Musik
Nach kurzer Pause hat sich eine weitere Gruppe in einer anderen Zusammensetzung zum gemeinsamen Musizieren bereitgemacht: Bassklarinette, Blockflöte, Querflöte und Gitarre. Da sich einige der Beteiligten eigentlich zum Singen treffen wollten, wechseln sie mit Instrumentalstücken ab und spielen zur Einleitung eine rassige Tarantella.

Gemäss Urs Krienbühl gibt es beim gemeinsamen Musizieren keinen Anspruch auf Perfektion. Entscheidend sei die Freude an der Musik. «Die Mitspielenden geben ihr Bestes, der Anspruch an die Qualität kommt von ihnen.» Diese zeigen auf, was proMusicante für sie bedeutet. «Super, ich kann immer viel lernen» sagt einer der Männer, und eine Frau ergänzt: «Wir haben es gut in der Gruppe, erfahren gegenseitige Toleranz und passen auch sonst zusammen.» Einige sind seit Beginn dabei, andere später dazugekommen. «Es ist ein Kommen und Gehen», lacht Susanne, die seit Anfang vor elf Jahren mitmacht. Es ist für sie schön zu sehen, wie immer wieder andere Instrumente ihren Platz finden. «Wir müssen nicht gut sein wie früher. Es geht um die Freude, und ich kann zur Ruhe kommen. Zudem macht es enorm Spass, verschiedene Musik querbeet zu spielen. Ich gehe immer beschwingt nach Hause, und die Musik klingt den ganzen Tag nach.» Unisono rühmen alle den Leiter, der darauf achtet, dass alle ihren Möglichkeiten entsprechend zum Zug kommen.

Selber ausprobieren
Das Musizieren hat für Urs Krienbühl (63) seit jeher eine wichtige Bedeutung. Es begann in der Pfadizeit mit der Gitarre am Lagerfeuer. Im Lehrerseminar lernte er das breite Spektrum des Klavierspiels kennen. Neben seiner Berufsarbeit als Primarlehrer in Goldau spielte er mit namhaften Musikern in Ländler-Kapellen, später in verschiedenen Jazz-Kombos und entwickelte sich ständig weiter. Theoretische Grundlagen erarbeitete er sich selber, auch das Spiel auf dem Kontrabass, dem Akkordeon und dem Saxophon eignete er sich selber an. Während drei Jahrzehnten gab er mit seiner eigenen Methode in der Freizeit Impulskurse in Musiklehre, Improvisieren und Begleiten. Die Teilnehmenden konnten selber ausprobieren, was ihnen liegt.

Während zehn Jahren war er einmal jährlich in der Zwischensaison in einem Hotel in Bönigen an Musiktagen beteiligt, wo tagsüber in Kursen unterrichtet, geübt und nachts in verschiedenen Gruppierungen gespielt wurde. Im Zentrum stand das Zusammenspielen, die Freude an der Musik. Dort entstand die Idee einer Musikschule für Menschen, bei denen das Musizieren bisher im ausgefüllten Alltagsleben nicht den gewünschten Platz gefunden hatte.

Musikschule für Erwachsene
An der Musik mit Erwachsenen interessiert, baute er an der Hochschule der Künste in Zürich in einem CAS-Studium proMusicante professionell auf. Vor zwölf Jahren wurde als Trägerschaft der gleichnamige Verein gegründet und der Betrieb mit einem Ensemble in Rapperswil gestartet. Der Verein erwarb dort das verlotterte Einsiedlerhaus, baute es mit viel Einsatz und mit Unterstützung der Stadt um und machte es zu einem Haus der Musik. Auf der Suche nach Synergien und Möglichkeiten der Zusammenarbeit baute Urs Krienbühl in Luzern und Altdorf Aussenstationen auf. proMusicante fand mit den Angeboten zum gemeinsamen Musizieren, individuellem Coaching und Einzelunterricht rasch grosses Interesse. Als musikalischer Leiter engagierte er weitere Fachpersonen als Coachs. So leitet zum Beispiel in Luzern Markus Boppart, Fagottist beim Luzerner Sinfonieorchester, ein Klassik-Ensemble für Barock-Musik.

Gemeinsames Lernen und Spielen
proMusicante spricht erwachsene Menschen an, die gerne Musizieren möchten, jedoch sonst keine Möglichkeit dazu haben. Für Urs Krienbühl ist es faszinierend zu beobachten, wie jede Person mit ihrer individuellen Lebensgeschichte etwas mitbringt und durch das Zusammenspiel in der Gruppe gemeinsames Lernen und Entwickeln möglich ist. «Dabei kommt es nicht auf die Einzelperson, sondern auf die Gruppe an. Da ich die Noten zu den Stücken meistens selber schreibe, kann ich diese an die jeweilige Situation anpassen. Es ist befriedigend zu beobachten, wie sich ganz unterschiedliche Menschen in der Musik zu in einem Gesamtklang zusammenfinden.»

Ist es nicht eine enorme Herausforderung, sich als Leiter immer wieder an neue Situationen anzupassen? Für Urs Krienbühl ist es ein Anreiz, gefordert zu werden. «Es gibt keine Person, die am gleichen Ort ist und dasselbe will. Es geht immer wieder neu darum, das richtige Instrument und die passenden Stücke herauszufinden. Das ist enorm spannend, es beflügelt und hält mich wach.» Zudem schätzt er es, seine Erfahrungen an der Hochschule für Musik in Luzern als Dozent für Musikgeragogik weiterzugeben, einer Fachdisziplin im Schnittfeld von Musikpädagogik und Geragogik, die sich mit musikalischer Bildung im Alter sowie mit musikbezogenen Vermittlungs- und Aneignungsprozessen beschäftigt.

Neue Musikerinnen und Musiker sind willkommen
Urs Krienbühl freut sich, wenn nach der Pandemie das gemeinsame Musizieren wieder neu in Schwung kommt und erklärt: «Das Einsteigen ist mit jedem Instrument jederzeit möglich. Bei einem Telefongespräch kann ich Schwellenangst abbauen und herausfinden, was die Interessenten mitbringen, was sie tun möchten und wo sie hineinpassen. Es besteht auch die Möglichkeit, eine neue Gruppe zu bilden. Bei Interesse lade ich sie zum unverbindlichen Ausprobieren ein.» Die musikalischen Treffen finden alle zwei Wochen statt. Die Semesterpauschale für 10-mal 2 Stunden kostet 400 Franken. Es besteht auch die Möglichkeit, proMusicante am Marktplatz Luzern60plus am 14. Mai 2022 im Rathaus Luzern persönlich kennenzulernen.

Bei proMusicante finden Menschen mit verschiedenen Instrumenten Platz.

Kontakt und weitere Infos:
Urs Krienbühl, 078 761 37 81, urs.krienbuehl@promusicante.ch

25. Februar 2022 – monika.fischer@luzern60plus.ch