Rückständig

Von Karin Winistörfer

Nein, sehr modern bin ich nicht. Jedenfalls was Kommunikation und soziale Medien angeht. Kein Facebook-Profil, nie getwittert, WhatsApp findet ohne mich statt, und was eigentlich ist Instagram? Ein Smartphone hab ich seit wenigen Wochen, da mein Handy ein nahezu biblisches Alter von rund sieben Jahren erreicht hat. Zeit für einen Schritt Richtung Neuzeit, auch wenn ich den Bildschirm noch im Adlersystem umkreise.

Ganz verschliessen will ich mich den Errungenschaften der modernen Technik nicht. Immer die anderen nach Fahrplan und Wetterprognosen fragen geht mit der Zeit allen auf den Wecker, desgleichen die SMS-Tipperei. Auch etwas anderes möchte ich nicht mehr missen: online einzukaufen. So alle zwei, drei Monate fährt bei uns der Lieferwagen eines Grossverteilers vor und bringt taschenweise Güter des täglichen Bedarfs. Was den Rücken – zumindest meinen – schont.

Doch so ein online-Einkauf will erarbeitet sein. Gebe ich, um nur ein zufälliges Beispiel zu nennen, „Topf“ ein, weil ich einen Pflanzentopf brauche, will mir das System neben Bratpfannen einen „Fleisch-Holzspiess 25 cm“ andrehen. Aber keinen Tontopf. Suche ich „Pampers“, jubelt es mir neben Windeln diverser Grössen und Typen „Hummus mit Zitrone und Peterli“ sowie ein gedrehtes Rustico-Brot unter. Bei „Regeneriersalz“ erscheinen auch Hinterschinken-Tranchen. Offensichtlich sind nicht nur Fremdwörter, sondern auch die moderne Kommunikation Glückssache. Eine durchaus erheiternde.

 

Übrigens: Auch Zeit ist Glückssache. Mein „altes“ Handy ist nicht sieben, sondern ganze neuneinhalb Jahre alt. Hab ich per Internetrecherche herausgefunden. Es war eines der allerersten mit Videotelefonie. Ein Tester schrieb 2005 euphorisch, dieses Telefon „lässt im Test überraschend die gesamte Konkurrenz hinter sich“. Die Kommentare der letzten Monate aus meinem Umfeld hatten sich da ziemlich geändert: „Was, das läuft noch?“, „Wie kannst Du mit einem solchen Knochen leben?“ Das waren noch die Netteren.

Immerhin hab ich mit dem alten Knochen keinen Anruf verpasst – Anruf annehmen = grüne Taste drücken. Beim neuen Telefon muss ich zuerst „ziehen“, dann „annehmen“ – bis ich das begriffen hatte, liefen einige Anrufe ins Leere. Und der Laden um die Ecke macht mir keine Clementinen und Himbeer-Früchtequark für ein Waschpulver vor. Tja, manchmal bin ich auch ganz gern rückständig.
28. November 2014