Weisse Ostern auf Eritreisch

Von Max Schmid (Text) und Joseph Schmidiger (Foto)

In diesem Jahren fallen Ostern, Auffahrt und Pfingsten in den  westlichen und östlichen Kirchen auf das gleiche Datum. So kam es, dass in der St. Karli-Kirche zwei Gemeinschaften Osternacht feierten, die Katholiken oben und die eritreisch-orthodoxen Flüchtlinge und Migranten in der Unterkirche. Wir erlebten eine beeindruckende Osterfeier: vertraut und doch ganz anders - so fröhlich und lebendig, so afrikanisch.

Die Terrasse über der Reuss ist belebt. Alle ziehen ihre Schuhe aus, bevor sie die Kirche betreten. Die Frauen schlagen sich weisse Tücher um Kopf und Oberkörper. Auch viele Männer legen ein weisses Tuch um die Schultern.

Drinnen riecht es nach Kerzen und Weihrauch. Priester und Diakone stimmen Gebetsgesänge in der altäthiopischen Liturgiesprache an.

Eine Stunde nach Beginn ist die Kirche berstend voll: rechts die Frauen, links die Männer. Die meisten sind jung. Junge Eltern sind mit ihren Kindern da, die spielen, lachen, auf die Bänke klettern, und dennoch die Andacht der Erwachsenen wenig zu stören scheinen.

Singen, klatschen, juchzen, tanzen
Die Stimmung wandelt sich, nachdem die Priester das Osterfeuer entzündet haben. Sängerinnen und Sänger stimmen Osterlieder an, frohe, rhythmische Lieder, zu denen sie mit den metallisch klingenden Tsenasel den Takt angeben. Und schliesslich ertönen aus dem Altarraum auch noch die Kirchentrommeln, die mit der Hand geschlagen werden. Ein Fest der Klänge. Die Gläubigen singen, klatschen, juchzen wippen mit dem Oberkörper, viele tanzen sogar. Eine Prozession sucht sich den Weg durch die  fröhliche Menge.

So froh, so afrikanisch kann die Botschaft vom Auferstandenen tönen: Hineinhören.

Es ist schön, diese Menschen, von denen viele auf der Flucht unsagbares Leid erlebt haben und die nun mit den Ungewissheiten eines Flüchtlingslebens zurechtkommen müssen, in heiterer Stimmung zu erleben.

Religiöse Feste wie Ostern scheinen die Eritreerinnen und Eriteer ebenso stark mit ihrem Glauben zu verbinden wie mit der Heimat, die sie verlassen haben. „Ich bin einfach glücklich", sagt eine junge Frau, die seit fünf Jahren in der Schweiz lebt. Ostern sei für sie ein Fest der Hoffnung und es sei schön, dies zusammen mit Landsleuten zu erleben.

„Wenn wir in der Kirche zusammenkommen, dann fühlen wir uns ein bisschen wie zu Hause", meint Haile, ein Familienvater, der seit acht Jahren in Schüpfheim wohnt.

Ein Ehepaar aus Kriens macht sich mit zwei kleinen Kindern auf den Heimweg. Sie seien stolz auf die eritreisch-orthodoxe Kultur, sagt Samson. „Diese uralte  Kultur an unsere Kinder weiterzugeben, ist uns ein wichtiges Anliegen."

Seine Frau Yordano ist dankbar dafür, dass sie diese Tradition auch hier leben können. „Etwas traurig stimmt mich aber der Gedanke, dass sich nun in Eritrea unsere Grossfamilien zum üppigen Ostersessen versammeln, während wir hier als Kleinfamilie das Ende der Fastenzeit feiern werden." - 5.5.2017

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