Schon geboostert?

Wie Covid unseren schwindenden Wortschatz erweitert und neue Wörter neue Slogans gebären: eine Glosse.

Von Hans Beat Achermann

Es gehört leider zum Älterwerden, liebe Leserinnen und Leser aus meiner Altersgruppe 70plus, dass man zunehmend Wörter und Namen länger suchen muss oder ganz vergisst. So wie der Wortschatz bei einem Kleinkind langsam und stetig wächst, von Mama über Papa bis schliesslich zu Dystopie und zu Zertifikat, so schwächelt er im Alter. Wie heisst jetzt dieser Impfstoffhersteller verdammt nochmal? Wie nennt man dieses, äh, Dingsda?

Sie kennen das vermutlich. Doch es gibt einen Trost: Es kommen ständig neue Wörter dazu, die Sie sicher im ersten und zweiten Lebensabschnitt weder in ihrem passiven noch in ihrem aktiven Wortschatz zur Verfügung hatten. Gerade jetzt kurbelt die Pandemie unser Vokabular mächtig an. Die neuste Bereicherung ist zweifelsfrei der, die oder das Booster, auf Deutsch etwas gar umständlich als Auffrischungsimpfung bezeichnet. Da es im englischen Original keine weiblichen, männlichen oder sächlichen Artikel gibt, wird der nächste Dooden äh Duden Booster wohl mit einem Geschlecht versehen und vielleicht sogar eindeutschen müssen: Der Buster, tönt fast wie ein Filmtitel von Booster Keaton.

To boost heisst übrigens laut Langenscheidt auf Deutsch «ankurbeln», womit wir wieder weiter oben im Text wären. Wie wärs mit einem neuen Kampagnen-Slogan: Lieber ankurbeln statt schwurbeln. Oder: Boosten Sie, bevor Ihnen die Puste ausgeht! Oder: Boosten statt husten! Sie sehen: Boosten erweitert nicht nur den Wortschatz, sondern animiert auch die Kreativität. Und schützt ziemlich gut gegen eine Covid-Infektion, aber nicht gegen Vergesslichkeit. In diesem Sinne: Boosten Sie gut – und schnell! Oder heisst das Verb jetzt doch boostern? Puuh, ich habs vergessen.

18. November 2021 – hansbeat.achermann@luzern60plus.ch