Uff: Zur Seite gelegt, um es später zu lesen. Bild: istock
Habt ihr das schon gelesen?
Von Eva Holz
Es ist doch wirklich gut gemeint, wenn unsere Mütter, Väter, Schwiegereltern Zeitungsartikel oder Heftli mitbringen und begeistert sagen: Das müsst ihr unbedingt lesen! Artig nimmt man die herausgerissenen Seiten oder noch vollständigen Magazine entgegen und legt sie fürs Erste irgendwo hin. Immer kann man den Horizont erweitern und etwas Neues über Gesundheitspflege, politische Machenschaften, unbekannte Reiseziele oder Altersfragen erfahren – aber lieber nicht gleich jetzt.
Uff, da liegen ja noch ein paar sicherlich interessante Artikel, denkt man, wenn das sonst schon vielbeschäftigte Auge ein paar Tage später darüber streift. In der Tat: Einiges entpuppt sich als Gewinn.
Auch wir selbst können es nicht lassen. Habt ihr das schon gelesen, schreiben wir den längst erwachsenen Söhnen dann und wann per Mail, angehängt ein aufregender Bericht. Obwohl unsere Mitteilungsfreude am anderen Ende der Internetverbindung gewiss mal für ein Uff sorgt, wird anständig, mitunter begeistert oder gar mit kluger Widerrede reagiert.
Doch wahr ist auch: Es gibt nichts Älteres als die News von gestern. Zudem drohen wir in der Flut von Information und Unterhaltung zu ertrinken. Und eigentlich möchte man die Kinder schonen (einmal Eltern, immer Eltern). Deswegen werde ich unserem Jüngeren, der so hervorragende Bolognese-Sauce kocht, den Zeitungsartikel ersparen, in dem behauptet wird, Italien kenne gar keine Spaghetti Bolognese.
Und ich werde mich vermehrt an meine Grossmutter selig erinnern. Statt der Familie Herausgerissenes zu überbringen, fasste sie das Weltgeschehen jeweils so zusammen: «Ach, was es nicht alles gibt.»
16. Januar 2023 – eva.holz@luzern60plus.ch