Das öffentliche WC im Bleichergärtli entspricht den Vorgaben.

Wer ohne Smartphone lebt, ist benachteiligt

Sieben neue WC-Anlagen sollen eingerichtet werden: hindernisfrei, altersfreundlich, genderneutral. So steht es in der Medienmitteilung über den Masterplan öffentliche WC-Anlagen. 39 WC-Anlagen gibts bereits in der Stadt Luzern. Dazu kommen noch die 18 willkommenen «Netten Toiletten» in den Gastrobetrieben.

Von René Regenass (Text und Bild)

Wir haben etwas nachgefragt. Und von Evelyne Iten als zuständige Person in der Projektentwicklung der Immobilienabteilung der Stadt Luzern gute Auskunft erhalten. Was heisst «altersfreundliche» Bauweise? Primär: Die Toiletten sollen gut erreichbar sein, einen guten Kurzaufenthalt möglich machen. Und auf dem Weg zur Toilette soll es kein Gefälle geben, keine Schwellen. Den Vorstellungen am besten entsprechen würden die WC-Anlagen am Schwanenplatz und im Bleichergärtli.

Um herauszufinden, wo die «Netten Toiletten» in den Gastätten zu finden sind, muss man sich einen Flyer beschaffen – und dann natürlich mitnehmen zum Stadtspaziergang. Die Flyer gibt es aktuell bei der Tourist-Information an der Zentralstrasse 5, bei der Fachstelle für Altersfragen (Winkelriedstrasse 14) und beim Haupteingang der Stadtverwaltung am Hirschengraben 17. Eigentlich müsste dieser Flyer auch in jenen Gaststätten aufliegen, wo man unentgeltlich das WC benützen kann. 

Eine Web-App, die den Alten nur beschränkt hilft
In der Medienmitteilung der Baudirektion heisst es, dass das Geoinforationszentrum der Stadt eine Web-Applikation entwickle, über die man «auf kürzestem Weg» zur nächstgelegenen verfügbaren WC-Anlage oder «Netten Toilette» geführt werde. Diese App könne man über Smartphone oder Tablet aufrufen. Nur: Was machen jene Frauen und Männer, die analog unterwegs sind und keine Ahnung von Handy und Tablet haben? Die Baudirektion habe sich auf der Abteilung Alter und Gesundheit (AGES) erkundigt und dort erfahren, man wisse aus einer Umfrage, dass viele ältere Menschen mit dem Smartphone unterwegs seien und dass die Zahl der Nutzer ständig zunehme.

Die erwähnte AGES-Umfrage ist im Zusammenhang mit der Bewerbung der Stadt Luzern als «Age-friendly-City» gemacht worden (April 2021). Dort heisst es unter dem Handlungsfeld Information, Menschen, die wenig oder keinen Zugang zur digitalen Welt hätten, müssten für das Thema sensibilisiert und im Umgang mit den neuen Medien geschult werden. Dies sei deshalb zentral, heisst es im Bericht weiter, «da ein Viertel aller Befragten (total 500 Personen über 65) und knapp die Hälfte der über 80-Jährigen das Internet selten oder nie benutzen».

Andere Informationswege prüfen
Diese Auskunft wird in etwa der Wirklichkeit entsprechen. Und sie bezieht sich auf die Nutzung des Internets, nicht des Smartphones – das ist ein wesentlicher Unterschied. Aus meinem Bekanntenkreis weiss ich, dass es immer noch viele ältere Leute gibt, die nicht digital unterwegs sind und dies auch in keiner Art und Weise anstreben. Denn sie sehen tagtäglich, wie die Handy-Nutzer und -Nutzerinnen die Wirklichkeit, das Geschehen in ihrem Umfeld, in der Stadt eben, gar nicht mehr wahrnehmen. Es mag sein, dass solche Überlegungen in zehn oder zwanzig Jahren obsolet sind. Obwohl – es wird immer Leute geben, die nicht in der Lage sind, ein Handy zu bedienen. Sie können nur über einfachere Informationswege erreicht werden.

Solche Möglichkeiten bestünden eigentlich heute schon. Man müsste nur daran denken, die Realisierbarkeit abklären und die möglichen Kosten einkalkulieren. Ich denke zum Beispiel an die Informationstafeln der VBL über die Abfahrtszeiten der Busse. Warum nicht solche Info-Tafeln über die nächstgelegenen WC aufstellen? Am Bahnhof, am Schwanenplatz, auf dem Löwenplatz und so weiter. Etwa 15 Tafeln an den stark frequentierten Orten in der Stadt könnten genügen. Urs Truttmann, Chief Digital Officer – er ist zuständig für die digitale Welt in dieser Stadt –, sieht die WC-App als «ergänzende Dienstleistung». Er verweist auf eine andere Umfrage der Pro Senectute, nach der 85 Prozent aller über 70-Jährigen das Smartphone nutzen. Doch auch er würde für die WC-Information noch andere Möglichkeiten prüfen.

30. November 2022 – rene.regenass@luzern60plus.ch