Neues vom alten Rigilied: das Cover zur Neuauflage.

«Vo Lozärn gäge Weggis zue» mit Folgen

Eine kommentierte Neuauflage des 120 Jahre alten Rigilied-Buches von Alfred Leonz Gassmann fördert Frivoles zu Tage. Denn die Reise ging nicht nur von Luzern nach Weggis. John Wolf Brennan hat das Buch neu herausgegeben.Von Hans Beat Achermann

Schon Tolstoi erwähnte das Rigilied in seiner Erzählung «Luzern», die Harlem Ramblers haben es instrumental interpretiert und Kliby sang es mit Caroline sogar aus dem Bauch heraus. Der Beginn ist noch idyllisch: «Vo Lozärn gäge Weggis zue…». Aber kaum jemand kennt die letzten Strophen, schon gar nicht die 13. und die 14. Denn dort wirds eigentlich erst interessant. All das ist jetzt nachzulesen in einer kommentierten Neuausgabe der Monografie zu einem der berühmtesten Volkslieder der Schweiz. Der Luzerner Musikforscher Alfons Leonz Gassmann (1876 bis 1962) hat Herkunft und Wirkungsgeschichte des Rigilieds erforscht und 1908 in einem Büchlein publiziert. Das Werk ist seit Jahrzehnten vergriffen, das Lied aber klingt weiter – nicht nur in Luzerner und Weggiser Ohren.

Geschnäbel und Gelächter

Der Weggiser Musikwissenschafter, Komponist und Pianist John Wolf Brennan hat sich seit Jahren für das Rigilied interessiert und auch Gassmanns Büchlein antiquarisch erworben. Corona hat ihm nun Zeit verschafft, eine Neuauflage zu planen und auch herauszugeben. Neben Gassmanns ausgeschmücktem Text samt vielen Notenbeispielen hat Brennan ein umfangreiches Vorwort geschrieben und die renommierte Berner Musikologin Brigitte Bachmann-Geiser steuert im Kapitel «Neues vom alten Rigilied» Fundiertes und noch nie Gehörtes und Gelesenes zum berühmten Gassenhauer bei. Denn wem ist schon die zugrunde liegende Geschichte dieses Ohrwurms bekannt?

Die geht so: Zwei Solothurner, Lüthi und Hammer, die am Eidgenössischen Schützenfest 1832 in Luzern gewirtet (und mitgetrunken) haben, zog es am Tag danach noch nicht zurück ins Gäu, sondern sie ruderten mit zwei Serviertöchtern über den See nach Weggis: «Die Gondel wiegte schon weit im See. Lüthi und Hammer sassen abwechselnd am Ruder. Vorüber gings am runzligen Bürgenstock. Geschnäbel und Gelächter wurden merklich leiser…», heissts bei Gassmann. Dann gings zu Fuss hinauf ins Kaltbad, wo es bald heiss zuging. Denn in Strophe 13 und 14 wird angetönt, dass einer der beiden wohl in nächster Zeit sich besser nicht mehr auf der Rigi blicken lassen sollte, da eine hübsche Alpenrosenverkäuferin inzwischen ein Büebli zur Welt gebracht habe: «Jetzt darf er er nümmen uf d’Rigi goo, süscht treid em s’Meitschi de Büebel no.» So stehts in Strophe 14 und ähnlich in vielen Abwandlungen.

Eine tragikomische Volksoper

All das ist jetzt wieder nachzulesen dank dieser sorgfältigen Neuausgabe. Es sei eine kleine Volksoper, schreibt John Wolf Brennan, und er schliesst mit dem vielversprechenden Satz, den wohl niemand dem Riglied zuordnen würde: «Jugendfrei ist diese Geschichte keineswegs, und politisch korrekt schon gar nicht. Stattdessen geht es um das älteste Thema der Menschheit.» Und dazu braucht man wahrlich «weder Strümpf no Schue».

11. Dezember 2022 – hansbeat.achermann@luzern60plus.ch

Das Buch «Vo Lozärn uf Wäggis zue. Seine Entstehung und Verbreitung» ist im PAN-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich.